Zur Diskussion gestellte Ritte die gefallen

Rund um die klassische Reitkunst

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esge
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Beitrag von esge »

marquisa hat geschrieben:Ist es nicht eher erstrebenswert,das Pferd von Beginn an auch nachgiebig im Genick zu halten,auf dass es eben nicht gegen die Hand läuft,sondern sich an dieser abstößt? Geht ein Abstoßen ohne geringfügiges Abkippen?
Dazu muss ich einen gewissen Rahmen vorgeben,innerhalb dessen sich das Pferd orientieren kann und soll.
.
ich picke mir jetzt nur nochmal diese aussage heraus.

Dieses Abstoßen an der Hand ist, worum es geht. Und genau das geben einem viele Pferde eben nicht mehr wirklich, wenn sie zu früh im Genick gebeugt sind. Sie beugen sich halt - aber sie stoßen sich nicht ab.

Umgekehrt gebe ich dir auch Recht: Es gibt auch Pferde, die kauen zwar, aber machen das Genick steif und lassen dann damit den Durchschwung nicht zu.

Ich glaube, dass wir alle BEIDES wollen. Die Frage ist die Reihenfolge.

S+P möchte erst den Unterkiefer, und nach und nach das Genick, wie es sich durch die Beugung des Hinterbeines ergibt.
Marquisa möchte erst das Genick und dann den Unterkiefer, wie er sich durch das Herantreten ergeben kann.
Ich - wie üblich - finde, dass das vom Pferd abhängt. Bei Pferden mit leichten, dünnen Hälsen und freien Ganaschen oder bei solchen, die bereits das Abrollen und Wegtauchen kennen, ist mir S+Ps Reihenfolge lieber.
Bei Pferden mit kräftigen Hälsen oder solchen, die bereits gelernt haben, dass sie diesen wirkungsvoll gegen den Reiter einsetzen können, ist mir eher Marquisas Reihenfolge näher. Wobei ich das Pferd in dem Moment, wo es im Genick nachgibt schon wieder nach vorn schicken möchte.

Ganz insgesamt ist der Blick auf den Hals des Pferdes einfach der falsche. Hinterbein (beim jungen Pferd locker vorschwingend, beim älteren energisch tätig), Lendenpartie (beim jungen Pferd "schwabbelnd", beim fortgeschrittenen schwingend) und Widerrist (beim jungen Pferd "neutral" beim fortgeschrittenen gehoben), Vorderbein (im einklang mit dem Hinterbein, nicht im Vorschwung behindert aber auch nicht hochgerissen) Maultätigkeit (bei allen Pferden tätig, beim jungen gern sogar lebhaft), Takt und Atmung müssen ein stimmiges Gesamtbild ergeben.

Und das - hartnäckig bin - ergibt sich bei GS für mich einfach nicht.
Loslassen hilft
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Also, abgesehen davon, dass ich bei dem Niveau eurer Diskussion immer mehr das Gefühl habe, dass ich auf Hallenhalma umsatteln sollte, weil es eigentlich eh nur falsch sein kann, egal wie man es anpackt ...

esge, wenn ich mich recht erinnere, fandest du doch das Ermelo-Video besser als das mit der Frau Borba (von Don Soberano), kannst du das vor diesem Hintergrund nochmal erklären? Das check ich nämlich nach wie vor nicht.
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Danke,dass ihr versucht,mich zu verstehen.
Habe leider wenig Zeit,deshalb hier ganz kurz mal ein Video,auf die Antworten möchte ich später eingehen:

Bitte mal ab min. 3.11 schauen,da zeigt sich ganz gut,was ich meine.
Ein kurzzeitiges Abtauchen scheint dem Pferd zu helfen,in der Oberlinie vor und am Widerrist aufzumachen.Man sieht sehr schön,dass die Reiterin versucht,das Pferd zum an-die Hand-treten zu animieren.
In diesem Sinne kann ich an dem nachgeben im Genick auch in diesem Ausbildungsstadium nichts falsches sehen,das Pferd scheint sich im Gegenteil zu entspannen und die Hand auch immer wieder zu suchen.
Das ist für mich,obwohl das Pferd immer wieder mal hdS kommt,in diesem Moment der Zug verlorengeht, und im Genick abknickt nicht schädlich.
Selbstverständlich muss an einer immer beständigeren Anlehnung gearbeitet werden.

Versteht ihr,was ich meine?

https://www.facebook.com/pferdia/videos ... =1&theater



:D
Fiorella
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Beitrag von Fiorella »

Hallo,

ich weiss jetzt nicht, ob Marquisa sich in ihren Beitrag noch auf das Andere Videe von vor ein paar Seiten bezieht, finde aber eben den Kontrast so interessant, dass ich mal meinen Senf dazu gebe. ;-)


Natürlich ist das ganz schlicht und ausschliesslich nur meine ganz persönliche Sichtweise:

Ich sehe in dem Soma-Bay Video ein junges Pferd, das in der Einheit immer wieder die Kopf- und Halshaltung ändern darf, weil es noch die Kraft und Beweglichkeit hat, sich anders zu organisieren.

Ich sehe in dem Lusitano Video ein junges Pferd, dem eine bestimmte, erwünschte Kopf- und Halshaltung angewiesen wird, und dem freundlich aber konsequent immer wieder mal klargemacht wird, dass es diese bitte nicht verlassen soll.



Gruss, Fio
grisu
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Beitrag von grisu »

Fiorella hat geschrieben:Hallo,

ich weiss jetzt nicht, ob Marquisa sich in ihren Beitrag noch auf das Andere Videe von vor ein paar Seiten bezieht, finde aber eben den Kontrast so interessant, dass ich mal meinen Senf dazu gebe. ;-)


Natürlich ist das ganz schlicht und ausschliesslich nur meine ganz persönliche Sichtweise:

Ich sehe in dem Soma-Bay Video ein junges Pferd, das in der Einheit immer wieder die Kopf- und Halshaltung ändern darf, weil es noch die Kraft und Beweglichkeit hat, sich anders zu organisieren.

Ich sehe in dem Lusitano Video ein junges Pferd, dem eine bestimmte, erwünschte Kopf- und Halshaltung angewiesen wird, und dem freundlich aber konsequent immer wieder mal klargemacht wird, dass es diese bitte nicht verlassen soll.



Gruss, Fio
Das bringt es für mich auf den Punkt.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Ja, damit kann ich auch viel anfangen.
Juniperus
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Beitrag von Juniperus »

Also mir gefällt die Unterhaltung sehr gut!
Marquisa, S&P und Esge: Bitte mehr davon!!
Gern auch mit weiteren Videos!
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summer
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Beitrag von summer »

Juniperus hat geschrieben:Also mir gefällt die Unterhaltung sehr gut!
Marquisa, S&P und Esge: Bitte mehr davon!!
Gern auch mit weiteren Videos!
Dem stimme ich voll zu - auch wenn ich selbst nicht viel mitdiskutiere, sprecht ihr immer wieder aus, was ich denke - vielleicht auch unterbewusst und es wird mir durch Eure Diskussionen dann bewusst!

Ich finde es immer wieder eine tolle Anregung um sich mit der Theorie und der daraus resutierenden Praxis zu beschäftigen!

Bereicherung des Forums! :trink1:
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Juniperus hat geschrieben:Also mir gefällt die Unterhaltung sehr gut!
Marquisa, S&P und Esge: Bitte mehr davon!!
Gern auch mit weiteren Videos!
Ok,dann wage ich es noch mal.

Hier seht ihr das Verkaufsvideo eines vierjährigen,noch ganz grünen Nachwuchsdressurpferdes.
Verkauft werden soll nicht ein Ausbildungsweg,sondern "der große Gang",der Interessent soll eine Idee von der Mechanik und der Bewegungsgüte erlangen,mehr nicht.Obwohl man deutlich sieht,dass bei dem Pferd noch keine Lenkung vorhanden ist,sich die Oberlinie und der gesamte Hals verkürzt,das Hinterbein auch nach hinten fliegen geht,finde ich die Präsentation im Sinne der Intention,die da hinter steckt,völlig ok.
Sie ist weit entfernt von einer Ermelo Vorstellung,auch wenn hier natürlich im weitesten Sinne von vorne nach hinten geritten wird.

https://youtu.be/96SpheU_WZk


Hier seht ihr das gleiche Pferd frisch bei seinen neuen Besitzern,nämlich bei uns 8) Es ist eine noch sehr schmalbrüstige,hochbeinige,sehr große und schlacksige Remonte,die noch nicht lange unter dem Sattel ist.
Wir haben das Pferd unter der Prämisse gekauft,es als Sportpferd auszubilden.
Die ersten Maßnahmen lauten:
Den großen Gang rausnehmen,dabei aber die Frische und den Zug nach vorne erhalten. Das Pferd mit dem Sitz,dem inneren Bein und dem äußeren Zügel vertraut zu machen und in diesem Sinne die Lenkung zu etablieren.
Das Hinterbein dranzuhalten,das Pferd einzuspuren und die Oberlinie (ebenso die untere Halsmuskulatur) zu längen.
Der Rahmen wird in dem Sinne vorgegeben,dass ein sich Herausheben korrigiert werden kann,das Hinterbein genügend Platz zum Untertreten hat und das Pferd trotzdem idealerweise durch sein Genick läuft.
Dazu versuchen die Hände,dem Maul zu folgen und das Pferd zum herantreten ans Gebiss einzuladen.Es soll sich öffnen,ohne auseinanderzufallen.Es soll eine Idee bekommen,sich ohne viel Hand am Sitz abfangen zu lassen.Es soll in der Wendung nicht abtauchen,sondern mehr und mehr Selbsthaltung erlangen.
Wo der Kopf und die Nase positioniert sind,ist mehr oder minder wurscht,es darf den Hals als Balancierstange in einem gewissen Rahmen benutzen;so weit,bis es möglichst nicht komplett auf die Vorhand fällt.Es darf mal zu tief und hinter die Hand kommen,dann wird es sanft nach vorne geschubst.
Auch wenn der Clip nur zwei Minuten dauert,finde ich kann man schön sehen,wie das Pferd sich für mein Daürhalten in der Oberlinie längt und lockerer wird.

Ich hoffe,ich kann unsere Sicht ein wenig rüberbringen.


https://www.youtube.com/watch?v=eAXSMu4jGsA


Ich hatte die Videos kurz im Jungpferdethread stehen,aber wieder herausgenommen.Einfach weil ich keine Lust auf Sperrriemen- oder Sporen-Diskussionen habe. Irgendwie habe ich aber das Bedürfnis,uns Sportreiter von dem Knebel-Würz-Image befreien zu müssen.

:wink:
Zähnchen

Beitrag von Zähnchen »

Danke Marquisa!

Ich bin zumeist nur stiller Genießer... aber diese Diskussion gefällt mir ausnehmend gut.

Euer Fürst Romancier erinnert mich eins zu eins an meine Fürst Romancierstute vierjährig... die Bewegung, der Typ.... hochinteressant.

Esge kennt meine Stute schon in Action... wir haben einmal einen ihrer Kurse (als Nichtteilnehmer) durch wilde Sprünge "aufgelockert" :)

Zur Diskussion:
Ad Genick....
Herr Hess sagt: In der Parade überstreichen
Herr Riegler sagt: In der Parade "dranbleiben"

das ist jetzt die Kurzfassung und nicht situationsbezogen... aber schon ein wenig konträr....von zwei absolut annerkannten Spitzenleuten

Was denn nun???
esge
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Beitrag von esge »

Rapunzel,ich musste jetzt erstmal sortieren, wann ich gesagt haben soll, dass mir Ermelo besser gefiel. Dann kam es mir: Das war im Januar, als es um den Sohnemann ging. Mir gefiel das PFERD als Pferd, als Vater meines Fohlens, da besser, weil er da für mich mehr wie ein Lusitano aussah und weniger wie ein deutesches Warmblut. Ich bezog mich überhaupt nicht auf die Reiterei! Abgesehen davon vergleichen wir immer noch zwei verschiedene Pferde miteinander. Ermelo stellt Don Soberano vor, mein ursprüngliches Video zeigt Gran Soberano. Gleicher Züchter, gleicher Vater aber anderes Pferd :wink:
Loslassen hilft
esge
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Beitrag von esge »

Zähnchen, höhö, ja ich erinnere mich. Die Schulen über der Erde waren beeindruckend. Die Dehnung an die Hand kommt sicher auch noch, grins.
Wenn ich mich recht erinnere (muss aber einräumen, dass ich ja nur neben dem Unterricht an jemand anderes Eindrücke erhaschen konnte) ist dein Pferd so eines, das sehr schnell im 3. Halswirbel nachgibt, aber nicht unbedingt in Genick und Unterkiefer. Rein reiterlich also eher ein Fall für S+Ps Vorgehen. Ich erinnere leider keine Details mehr.
Loslassen hilft
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Edelstein
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Beitrag von Edelstein »

Marquisa, ich finde es prima, dass du das Video wieder eingestellt hast. Würde aber auch sehr gut im Jungpferde-Thread passen, weil es schön die Herangehensweise mit einem hochtalentierten Jungpferd darstellt, welches noch gaaaanz am Anfang seiner körperlichen Entwicklung steht.
Mir gefällt, wie dem Pferd eine stetige, weiche, nachgiebige Verbindung gegeben wird, der es sich vertrauensvoll hingeben kann und so langsam seine Balance finden, wobei es, wie du geschrieben hast, seinen Hals noch als Balacierstange benötigt und benutzen darf. es wird so geführt, dass es "nicht in der Luft hängt" und sich trotzdem finden darf.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Gut, dann ist mein Weltbild wieder gerader, esge. Dass du tatsächlich das Geschrubbe besser finden könntest, wollte mir nicht einleuchten.

Sehr schön, den Vergleich zu sehen, Marquisa. Danke fürs Wiedereinstellen!
Fiorella
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Beitrag von Fiorella »

Hi,

also ich sehe nun auch in den beiden von Marquisa eingestellten Videos jeweils ein Pferd, dem auf freundliche Art eine bestimmte Kopf- Halshaltung angewiesen wird, wobei toleriert wird, wenn es sich der Hand mal nach unten entzieht, aber nicht, wenn es sich nach oben entzieht.

Wieder mein ganz persönliche Sichtweise, die ich hier nur weidergebe, ohne etwas werten zu wollen!

Gruss, Fio
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