Wer bildet sein Pferd noch gebisslos aus?

Rund um die klassische Reitkunst

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diabola
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Beitrag von diabola »

Ich bilde meinen Jungspund bis jetzt gebisslos aus. Er ist jetzt 5 Jahre alt, wurde letztes Jahr kurz angeritten. Über Winter hatte er Pause. Dieses Jahr Mitte April habe ich die Arbeit unter dem Sattel wieder aufgenommen. Bis dahin ging ich mit ihm im Gelände spazieren, er kam als Handpferd mit, Bodenarbeit, Zirkuslektionen, gymn. Arbeit an der Hand, Longe. Seit 2 Monaten reite ich ihn 2x/Woche im Gelände, vorallem um Routine zu erlangen, Gehorsam und damit er unter dem Reitergewicht seine Balance findet. Seit kurzem reite ich ihn ab und an auch auf dem Platz. Bis jetzt klappt alles gut. Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich (noch) keinen Bedarf für die Trense. Meinen 14-jährigen Schimmel reite ich abwechslungsweise mit Trense, wie auch gebisslos, ich kann mir aber gut vorstellen, ein Pferd "nur" gebisslos zu reiten.

Hier auf dem Foto mit Kappzaum und Leder"halfter"

Bild
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Rosana
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Beitrag von Rosana »

Ich grabe diesen Thread mal wieder aus, um eine sehr interessante Erfahrung zu berichten, die ich vor kurzem bei einer Reitstunde mit dem Glücksrad gemacht habe - ein Reitgefühl wie auf Kandare und keineswegs sanfter als die Wassertrense.... Ich berichte das hier: http://pferdialog.de/gebisslos-reiten-s ... ers-pferd/
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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

Oh, jetzt hätte ich gerne einen Kommentar von Maulfrei zu Deinem Bericht! Ich finde das hochinteressant!
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Kann es sein,dass Rosana empfindlich auf den Nasenriemen reagiert?
Beim Annehmen der Zügel bekommt das Pferd ungewohnten Druck gerade im Übergang vom knöchernen Nasenbein zu den Weichteilen.

Mach doch mal einen Versuch: Verschnall Ihn ein Loch höher und mach ein Lammfellpolster drum. Zwei-drei Mal reiten und die Empfindlichkeit nimmt enorm ab :D Dann traut sie sich bestimmt auch wieder,sich mehr zu dehnen.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Das Glücksrad wirkt ja auch wie ein mechanisches Hackamore- klar ist das beileibe NICHT "sanft". Es drückt Ober und Unterkiefer zusammen und wirkt aufs Genick. Es ist vielmehr "machtvoll". Vor allem, wenn es noch die Hebel montiert bekommt.
Eine sehr effektive Hebelzäumung- die ich persönlich aufgrund ihrer Wirkungsweise ablehne(denn sie bewirkt beim Pferd ein Weichen vor dem Druck und sie hemmt/blockiert die Kieferbeweglichkeit in ihrer Wirkungsphase), - obwohl ichetliche Pferde kenne, die bei entsprechend feinfühliger Reiterhand damit zufrieden gehen.
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Stimmt auf jeden Fall,man kann da ne richtig scharfe Zäumung draus basteln.

Rosana schrieb ja,sie hat die Zügel (mehr oder weniger) ohne Hebel eingeschnallt und die Kinnketten-Nasenriemen-Kombi ganz locker.

Wenn dem wirklich so ist,damit meine ich Kinnkette richtig schlabbrig,so,dass das gesamte Fahrgestell bei einseitigem Zügelanzug nicht komplett verruscht,Dann hat man keine Kinnkettenwirkung und nur ganz wenig Genickwirkung.

Dann geht der Druck komplett auf die Nase und die Pferde verkriechen sich dahinter.
Aber auch daran gewöhnen sie sich mit der Zeit.
Ich hab schon einige gesehen,die mit Daueranlehnung somit reiten.Die Pferde haben schon kein Fell mehr auf der Nase,aber wieder gelernt,dagegen zu buffeln,einfach,weil sie mit der Zeit abgestumpft sind.

Ich weiß,dass Rosana so NICHT reitet,wollte nur einwerfen,dass dort richtig empfindlicher Druck drauf kommen kann.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

so ist es Marquisa, und eine Knochenhautentzündung auf dem Nasenrücken ist eine gar nicht so seltene Folge...
MyBest4
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Gebisslos...

Beitrag von MyBest4 »

Hallo zusammen

eine Stute (Freibergerin) von mir wurde auf Sidepull, dann Wassertrense, Myler Bit's und Billy Allen Wassertrensen und dann auf diversen Kandaren etc geritten. Teils mit schönen Momenten und Teil-Erfolgen!
Einige Bosal-Kurse bei Mike Bridges brachte dann mal ganz neuen Wind in die Sache und zeigten mit eine neue Welt, eine andere Denkweise. Diese Ansätze versuchte ich so gut wie möglich umzusetzen.
Leider wurde das Bosal zum "Streit-Objekt" aufgrund Fehlern, die ich heute verstehe. Unsachgemässe Anwendung und zu viel Druck, innerlich und äusserlich führten dazu. Und ich hängte es dann in den Schrank. Wieder versuchte ich diverse Trensen, Bits, Kandaren aller Art
alle mit mehr oder weniger schönen Erfolgen, Erkenntnissen und Prozessen.
Ich fragte mich immer mehr, warum sie wohl auf Bosal maulte und wo der Umgang damit unsachgemäss war.
Das führte mich dann dazu, nochmals ganz neu damit zu beginnen. Wieder auf die ganz sanfte, softe Art. Das brachte enorme Fortschritte. Dazu kam ein Mass-Bosal eines Herrn aus DE, der meines Erachtens wahre Meisterwerke hervorbringt. Und seit ich dieses Stück probiert habe, gibt es für mich nichts anderes mehr... (Anmerkung: für mich! das heisst nicht, dass ich die Trensen-Reiterei verteufle. Oder andere Gebisslos-Systeme nicht anerkenne. Fanatismus ist mir generell fremd :)
So viele Systeme hatte ich versucht (zugegeben nicht immer perfekt) von 3-1 Zügelführungen zu 2-2 mit Kandare - U/Trense etc etc
und bei keinem Instrument (schon gar nicht bei gebrochenen Trensen aller Art) hatte ich so ein feines Gefühl, wie auf dem Bosal dieses "Machers"...
Wir sind damit happy und es ist eine Freude, damit zu reiten.
An der Hand arbeiten wir mit Cavecon ... damit zu reiten ist allerdings überhaupt nicht gut. Dann lieber grad mit Halfter und Strick :) Aber für die Handarbeit ist es genial

PRE Stute wurde auf Bosal grund-ausgebildet und dann wurden diverse Trensen etc probiert (war in derselben Zeit, als auch die andere Stute in den Genuss oder Zwang kam, alles durchzuprobieren)
ich stieg wieder auf Bosal um, als auch sie ihr Mass-Bosal bekam.
Es ist genial und bringt uns an die gleichen Themen/Probleme wie alle andren Instrumente, bringt aber mehr Positives hervor.

Lusitano Jungpferd:
wird ganz und gar gebisslos ausgebildet werden... Start mit Halfter/Knotenhalfter/Lederkappzaum
später dann Bosal durch alles durch...

Warum? Weil es für mich stimmt und ich seit dem Kennenlernen der wirklich trad.altkalifornischen Reiterei immer überzeugter von dem "System" bin.
Es ist so ein respektvolles, feines Instrument. Ebenso eingesetzt bringt es einfach Wunderbares hervor.
Als Osteopathin ist es mir immer fremder, über die so feine Zunge, die Laden etc einzuwirken. Ich kann fast nicht mehr zurück.
Warum noch? weil damit wirklich solide auszubilden eine wahre Freude ist.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

MyBest: Hast du mal Videos von deinen Pferden? Würde mich sehr interessieren. Ich kenne nur Bosal-Ausbilder, die am losen Zügel mit Impulsen arbeiten, also ohne Anlehnung, und kann mir nicht recht vorstellen, dass das anders auch geht. Bin früher viel bei Jean Claude Dysli geritten, der das meisterhaft konnte, aber der hat auch ohne Anlehnung gearbeitet.
esge
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Beitrag von esge »

man sollte sich, denke ich, endlich mal von der Einteilung "gebisslos gleich schonend - Gebiss gleich nicht schonend - Kandare gleich total gemein" lösen.
Die Wirkungsweisen sind schlicht verschieden.

Diese Verschiedenartigkeit kann man sich bewusst zu Nutze machen, wenn man um sie weiß! ich kenne ein paar Pferde, die mit Glücksrad in der Tat ihr Glück gefunden haben und zufrieden und gut damit gehen. Ob vorher mit der Trense alles probiert wurde, kann ich in diesen Fällen nicht sagen, ich treffe immer nur auf Kursen auf Leute, die das Teil benutzen. Ich akzeptiere es aber in meinen Kursen, weil es in meine Arbeit integrierbar ist.
Es gibt Pferde, die mögen einfach nichts im Maul haben. Aber genauso gibt's Pferde, die Nasenzäumungen einfach bäh finden. Und ebenso gibt's Pferde, die haben ihr ganzes Leben nur auf ein Stangengebiss gewartet.
angepasst mit der jeweiligen Zäumung zu reiten und sich darin kundig zu machen ist dann Aufgabe des Reiters.
Aber kommt doch bitte mal los von dieser "gebisslos ist schonend" Auffassung. Weder Knotenhalfter noch Sidepull noch Bosal noch Glücksrad sind per se schonend. Nicht mehr und nicht weniger als eine sachkundig geführte Trense (in meinen Augen immer noch die vielseitigste und von den allermeisten Pferden gut angenommene Zäumung, eine sensibel geführte Kandare oder eine meisterhaft geführte blanke Stange.
Loslassen hilft
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

So ist es. :P
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
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bea
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Beitrag von bea »

@esge: *unterschreib*

Ich reite meinen Friesen ja seit Kurzem auch ausschließlich auf Glücksrad. Dabei tu ich mich aber ziemlich schwer mit dem Exklusivitätsanspruch, den ich immer wieder aus dem Gebisslos-Lager höre. Da gibt es dann z.B. begeistertes Lob für uns in Form von: "Super, dass du auf dein Pferd gehört hast und endlich das einzig Richtige getan hast!" Ehrlich gesagt kann ich damit aber relativ wenig anfangen, sondern rege mich eher darüber auf... :? Fakt ist: Ich glaube nicht, dass die Trense per se schlecht ist. Und auch mein Pferd ging gut und zufrieden auf Trense - solange er die Alternative der gebisslosen Zäumung nicht kannte. Seit ich aber das Glücksrad ausprobiert habe, wird der Gebrauch der Trense konsequent mit übelstem Kopfschlagen kommentiert. Hinzu kommt, dass mein Pferd früher sehr eng und mit viel Druck geritten wurde, wodurch er sich auch heute noch gerne hinter dem Zügel verkriecht und er nur schwer wieder nach vorne und oben geholt werden kann. Mit dem Glücksrad lässt er die Nase schöner vorne und es ist einfacher, dass er reell über den Rücken läuft. Fazit also: Keine Trense für uns, sondern ausschließlich gebisslos! Ich bin wirklich begeistert von der präzisen Wirkungsweise des Glücksrades. Das heißt aber nicht, dass ich darin den einzig gangbaren Weg für jedes Pferd sehen würde - und ich kann mir auch vorstellen, dass es bei meinem Pferd in ein paar Jahren vielleicht wieder anders aussieht und er das Gebiss (wieder) gerne annehmen wird.
Reiten heisst: sitzen - fühlen - denken.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Ich bin gestern mal mit einem ganz banalen hannoverschen Reithalfter mit Zügeln drin geritten und mein Pferd ging damit genau wie mit Trense, allerdings im Ganzen etwas zäher und weniger reaktiv, dafür ist er bereitwilliger drangetreten. Hat mir aber als Abwechslung gut gefallen, werde ich jetzt öfter machen.
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Ich sehe es als super Alternative und lasse z. B. unsichere Reiter (Wie größere Kinderbesuchsreiter) nur gebisslos Reiten, einfach um das Maul meines Pferdes zu schönen. Eine zeitlang war es super fürs Gelände, weil er auf die "Nasenbremse" im Notfall besser reagiert (woran man merkt, das es doch recht "scharf" ist, wenn man mal was auf den Nasenrücken brummt und keinesfalls sanft). Seit einer Weile hängt es oft unbenutzt im Schrank und die Trense wird wieder mehr genutzt. Kandare ist kein Thema für uns, die Sphären werden wir vielleicht nie erreichen, aber wenn man damit ordentlich umgeht, ist sie ein Instrument wie jedes andere auch. Ich sage immer: Die einzige pferdeschonende Art zu reiten, ist gar nicht zu reiten :wink: Alles andere sind Kompromisse, die man im Idealfall zu Gunsten des Pferdes trifft, eben was Ausrüstung, Haltung und Reitstil angeht. Das Pferd sagt einem schon, was angebracht ist, wenn man den zuhört und nicht an Dogmen festhält. Kenne auch Pferde die eine ruhige Box dem OS vorziehen und Pferde die ihr Gebiss lieben und den Nasendruck hassen - alles total normal.

@ rapunzel

Klingt gut :-) Ist einfach auch ne schöne "Überprüfung". Hannes ging eine zeitlang gar nicht gebisslos zu reiten. Er hat die unpräzisen Impulse schlicht ignoriert und ist wie ein Panzer durch die Bahn :lol:

@ bea

Sehr interessant. Wie hast du die Zügel eingeschnallt? Also man kam am Glückrad ja den Winkel variieren.
Es grüßt Nadine

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so schwer wie die freiheit, so leicht ist der zaum der sie hält... (frei nach and one - krieger)
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Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Ja, ich muss nur mal jemanden suchen zum Filmen, nicht dass es mir gut vorkam, aber in Wirklichkeit ist er nur geschlurft. ;-)
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