Wie geht ihr mit reiterlichen Fehlern um?

Rund um die klassische Reitkunst

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Frechi
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Beitrag von Frechi »

Cubano hat geschrieben:Frechi: Geh mal ein paar Jahre nach Spanien, dann ändert sich Deine zu selbstkritische Einstellung. :P Im Ernst, bei mir war das wirklich so. Aus zwei Gründen: Zum einen, weil ich mal zwei spanischen Reitern zugehört habe, die am Abreiteplatz standen und sich über deutsche Reiter unterhielten: „Warum reiten die Deutschen eigentlich - die haben doch gar keinen Spaß daran“. DAS war irgendwie wirklich eine mentale Ohrfeige. Und zum anderen, weil ich in Spanien des Öfteren gesehen habe, mit wie viel Humor Reiter Fehler nehmen können. So z.B. auf einem Turnier, als das Pferd des Einen eine Piaffe komplett und vollständig versemmelte. Sitzt der Typ doch da oben drauf und fängt irgendwann schallend an zu lachen… So was prägt. Zumindest mich. :wink:
ok spanien wär definitiv noch ein Traum aber erstmal gehts im Sommer in die USA. Freu mich schon total, eben weil ich hoffe dort mal was anderes in Sachen Pferd/Reiten zu erleben.
Ne aber es ist gut zu wissen, das es nicht nur mir so geht, dachte schon, ich sei die einzigste. Aber wenn man sowas weiß kann man wenigstens dran arbeiten :wink: .
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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

Ich würde das Thema gerne noch einmal rauskramen.

Seit Herbst letzten Jahres nehme ich nun "regelmäßig" Reitunterreicht bei einer wirklich guten Reitlehrerin. Regelmäßig bedeutet ca. alle 14 Tage. Öfter klappt einfach nicht, aber immerhin.

Die meiste Zeit hatte ich nun Speedy im Reitunterricht geritten, weil der Schimmel die Umstellung in den neuen Stall noch in den Knochen hatte und partout nicht ansprechbar war (hysterisch). Seit Dezember arbeite ich nun mit Speedy an Seitengängen im Schritt und die ersten Tritte im Trab sind nun auch dabei. Weder Speedy noch ich waren vorher (bewusst) Seitengänge geritten und ich habe mich wahnsinnig schwer getan. Speedy dann natürlich auch :oops: Aber die Reitlehrerin hat mich Schritt für Schritt angeleitet. Teilweise wirklich 2 Tritte leicht seitwärts - Halt - 2 Tritte seitwärts - Halt. Ich bekam endlich meine Gewichtshilfen koordiniert. Jetzt klappt es schon wirklich gut! Speedy arbeitet konzentriert mit und die Schulterkontrolle wird immer besser - was sich auch auf die restliche Reiterei auswirkt.

Aber immer noch habe ich das Gefühl, daß viele Seitengänge nur zufällig funktionieren :roll:

Nun habe ich Mittwoch das erste Mal wieder den Schimmel im Unterricht geritten. Auch er kennt keine Seitengänge. Also haben wir das probiert und schwupps - es hat (nahezu) auf Anhieb geklappt!

Ich nur ganz stolz: Schau mal, wie klug er ist!! Der hat das viel schneller raus als Speedy

Und prompt kam die Kelle von der RL: nee, der Speedy ist nicht dümmer, aber Du hast so lange auf ihm geübt, daß der Schimmel jetzt mit vernünftigen Hilfen geritten wird. Kein Wunder, daß es klappt!

Also habe ich die Hilfen jetzt nach endlosem üben verinnerlicht. Aber irgendwann kam Protest vom Schimmel. Ich muss beim Speedy beide Schenkel am Pferd haben. Er möchte gerne gut eingerahmt werden. Dem Schimmel wurde dann mein äußeres Bein zu stark und er blockierte im Hinterbein! Die RL hat mir dann für den Anfang geraten, das äußere Bein tatsächlich etwas wegzustrecken. Und sofort ging es besser. Ist jetzt keine Dauerlösung, aber mir hilft es!

Wenn ich wieder klemme, sagt sie mir, ich solle mir denken, das Pferd sei an beiden Seiten 10 cm dicker :lol: und schon klemme ich nicht mehr. Aber leider hält das nicht so lange an. Reite ich wieder alleine, tauchen alle Fehler wie von allein wieder auf. Das frustriert. Aber ich muss einfach lernen, daß nicht alles sofort in Fleisch und Blut übergeht. Nur will ich immer alles sofort erreichen und schon geht nichts mehr :oops:

Ich glaub, ich muss mich bei Speedy mal entschuldigen. Er beweist so viel Geduld und ich übe alles an ihm aus, ehe ich mich traue, es auf den Schimmel zu übertragen. Der Schimmel hat nicht die Gemütsruhe wie Speedy. Wenn da eine zu grobe Hilfe kommt, wird er grätzig und geht auch schon mal auf die Hinterbeine.

Lieber Speedy - Danke schön!!
esge
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Beitrag von esge »

:D :wink:

Ja, unsere Pferde: unsere Lehrmeister!
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loisachqueen
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Beitrag von loisachqueen »

Ja, ja, die Seitengänge. Meine jüngere RB will immer die "äußeren" Hilfen zu 150% dran haben. Jahre lang bin ich meinen älteren RB fast ohne diese geritten und nie wirklich Probleme gehabt, weil diese nur bedingt benötigt hat. Anfänglich habe ich meist dem Pferd zugeschoben, dass er über die "äußere" Schulter davon gelaufen ist, bis ich mir bewusst wurde das MEINE äußeren begrenzenden Hilfen fehlen. Inzischen geht's um einigens besser.

@fortissimo: Hast du bei deinen Pferd unterschiede nach dem bewussten Reiten von Seitengängen festgestellt?
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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

@loisachqueen:

ja, ich habe Unterschiede gemerkt! Speedy ist bekannt dafür, daß er sich gerne auf die Vorhand packt, sein Köpfchen "hübsch" hinstellt und die Hinterbeine meilenweit weg lässt. Fühlt sich erst gar nicht so übel an, sieht aber grottig aus. Er mogelt sich gut durch die Dressurstunde, ohne sich zu überarbeiten :oops: Gerne kommt er auch zu tief, also leicht hinter die Senkrechte.

Nach den Seitengängen ist das Genick endlich wieder der höchste Punkt und die Hinterbeine arbeiten besser mit. Außerdem ist er mir früher gerne über die linke Schulter weggebrochen. Das ist auch weg. Die Schulterkontrolle ist deutlich besser geworden und er ist empfindlicher am Schenkel geworden. Alles in allem viel positives!

Nebenbei habe ich meine Gewichtshilfen jetzt besser unter Kontrolle...
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Guten Morgen,


mein erstes ganz eigenes Pferd war ein Hannoveraner aus einem Schulbetrieb.

Der Onkel war immer steif wie ein Brett, wer konnte ihm das verübeln.

Dann nahm ich an einem WE-Kurs in unserem damaligen Stall teil, der befand fast nur aus dem Erlernen des Schultervor und Konterschultervor.

Das Ergebnis war dermassen durchschlagend, das ich mich auf die Suche nach diesem Reitlehrer begab, von dem ich nur den Ort kannte, an dem er gerade ein Haus baute.

Das war vor knapp 20 Jahren, bis heute lerne ich immer wieder von diesem Reitlehrer dazu.



LG Ulrike
bubi9191
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Beitrag von bubi9191 »

Ich glaube, dass Reiterfehler nicht vermeidbar sind.

Ich bin jemand der oft und viele Videos von sich selbst auf dem Pferd macht.
Zum Einen um sich selbst zu reflektieren und vielleicht nochmal schauen zu könne, warum das Pferd in der Situation xy genau so reagiert hat.
Zum anderen auch, um Fehler von außen zu erkennen und die Selbstwahrnehmung mit der Fremdwahrnehmung zu vergleichen und auch das eigene Gefühl mit dem "wie sieht es aus" vergleichen zu können.

Frustierend finde ich dabei, wenn man Fehler hat, die immer wiederkehren, egal wie sehr man darauf achtet.
Ich denke mir dann immer "Man, das hast du schon wieder gemacht, da hast du dich beim letzten Video schon geärgert".

Ich versuche die kleinsten Fehler auszumerzen, muss aber auch ehrlich sagen, dass es meist woanders einen neuen Fehler gibt, wenn ein anderer "verschwunden" ist.
Ganz fehlerlos geht wohl nicht, aber eine Minimierung ist wünschenswert.

Wie geht man damit um?
Erstmal ist es ja wichtig, überhaupt zu erkennen, dass man Fehler macht. Es gibt leider nicht sehr viele Reiter, die sich fragen ob und welche Fehler sie machen. Auch wenn man sehr zufrieden ist und alles läuft - Fehler gibt es immer und eine Optimierung eigentlich immer nötig.
Wichtig ist, dass Reiter und Pferd sich dabei Zeit lassen und sich wohlfühlen und nicht dazu zwingen den Fehler xy jetzt sofort beseitigen zu müssen, solange es keine gravierenden Fehler sind oder es auf die Gesundheit des Pferdes geht.

Hat man einen Fehler oder mehrere erkannt, kann man diese angehen.

Ich ärgere mich oft über mich selbst, bin aber auch gleichzeitig jemand der sagt "Ich versuche es dann eben beim nächsten Mal besser".
Bin oft hin- und hergerissen zwischen "verärgert sein über eigene Fehler" und Optimismus, dass man jetzt wenigstens was hat, an dem man arbeiten kann.
esge
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Beitrag von esge »

Zur Behebung des Fehlers ist es meist nötig, sich von dem bewussten Fehler erstmal völlig zu lösen. Beispiel: Meine linke Hand neigt auch nach 10 Jahren Zwangskorrektur immer noch dazu, im ungeeignetsten Moment rückwärts zu würgen. Mistding!
Es bringt mit ziemlich wenig, mich darauf konzentrieren zu wollen, denn man kann sich beim Reiten nun einmal nicht ständig auf nur ein Körperteil konzentrieren. Und sobald ich auch nur eine Sekunde an was anderes denke, schwupp, macht das Mistding wieder was es will.

Am besten funktioniert es eigentlich immer dann, wenn ich mich gut auf meine Körpermitte konzentriere und versuche, so gut wie möglich alle Hilfen von dort ausgehen zu geben. Mindestens die Hälfte aller anderen Fehler eliminieren sich dann von selbst, da das Tun nämlich völlig überflüssig wird. Leider gelingt mir das auch nur an den besseren Tagen.
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Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Schöner Tipp, esge,


Das Versuche ich auch mal, morgen!


LG
Ulrike
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cinnamon
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Beitrag von cinnamon »

man kann darüber hinaus die korrektur an einen gegenstand koppeln - zb. das hallentor, den spiegel, einen buchstaben, etc...
jedes mal, wenn man vorbei reitet, denkt man den handfehler bzw. im idealfall an die richtige handhaltung. funktioniert gut :wink:
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Guten Morgen!
Yep, so mache ich es auch Cinnamon: An jedem Bahnbuchstaben mache ich z.B. Handkontrolle.
Mir geht es übrigens total anders als Esge: Ich kann einen Fehler nur dann ausmerzen, WENN ich mich darauf konzentriere. Dafür muss man dann halt mal andere Dinge hintenan stellen. Auch ich habe natürlich das berüchtigte schlechte Händchen – in meinem Fall ist es das Rechte. Vor allem nach Reitpausen macht sich das gern mal selbständig, logischerweise nach hinten. Ergo reite ich dann einige Einheiten nur und ausschließlich mit dem Fokus auf den Händen. Dann kann man halt nur ganze Bahn, Zirkel und SL reiten. Finde ich überhaupt nicht schlimm – das macht sich danach nämlich durchaus positiv bemerkbar. Mittlerweile hat die Korrekturzeit nach Pausen auch denkbar abgenommen, meist reicht es, wenn ich eine Einheit damit verbinde, meine Pfoten unter Kontrolle zu bekommen. Bei mir wird der Handfehler auch automatisch schlechter, wenn ich vorher anfange, irgendwelche Lektionen zu reiten.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
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cinnamon
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Beitrag von cinnamon »

mir geht`s vor allem bei neuen lektionen oder schnellen abläufen so, dass ich in alte muster rutsche. da denke ich schon vor der neuen aufgabe bzw. währenddessen die ganze zeit handhandhand oder beinbeinbein (oder was sonst noch böse ist), das klappt ganz gut. aber das um und auf ist natürlich, wie esge schon geschrieben hat, ein physiologischer grundsitz.
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