hohe dressur - gesunderhaltung oder doch eher verschleiß

Rund um die klassische Reitkunst

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Melli
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Beitrag von Melli »

Um mal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen:

ja, ich denke schon, dass es sehr leicht passiert, dass man ein Pferd unter dem Deckmantel des "ich gymnastiziere, damit mein Pferd gesund bleibt" körperlich mit hohen Dressurlektionen schädigt.
Ich habe da durchaus Trabverstärkungen im Kopf, nicht nur Schulsprünge und Passage.
Sind - auch anspruchsvolle, im Bereich der Hohen Schule angesiedelte - Lektionen sinnvoll mit Maß und mit Bedacht vorbereitet und aufgebaut, so verschleißen sie nach meiner Überzeugung nicht mehr, als dies bei einem Sportler, der gezielt trainiert der Fall ist.
Tja, wenn da nur die Verschleißrate unter den gezielt trainierten Sportlern nur nicht so hoch wäre ;) und zwar explizit unter den top trainierten, von X Fachleuten (Ärzten, Psychologen, Therapeuten, Masseuren, Ernährungsberatern...) betreuten, dauerüberwachten, mit personalisierten Trainingsplänen ausgestatteten, immer "optimal" vor- und nachbereiteten Spitzenathleten.

Leistungssport ist nicht gesund. Punkt. Da muss man einfach mal unter der Masse der Ex-Sportler ab Mitte Dreißig mal querfragen.
Oder einfach unter ambitionierten Hobbysportlern. Die meisten haben aus irgendeinem Gesundheitsgrund mal angefangen. Kondition, Gewicht, Blutdruck, Körperkraft, Rückenschmerzen.
Irgendwann ist das Ausgangsproblem im Griff, die Leidenschaft für den Sport aber so groß, dass man über die Jahre eher beginnt, zu hoffen, dass der Schaden durch den Sport ausbleibt oder sich zumindest bitte möglichst spät zeigt.

Und man kann alles zum Leistungssport machen (ich kenne jemanden, die hat Yoga so exzessiv betrieben, dass ihr die Knie kaputtgingen).

Es gibt, klar, immer Athleten, die Spitzenleistungen völlig schadlos erbringen. Hoffentlich ist das auch immer noch die Mehrzahl! Aber wenn das Risiko, sich zu verletzen oder zu verschleißen, gegenüber "kein Sport/nur moderate Bewegung" signifikant ansteigt, dann ist das, was ich da mache, kein Gesundheitssport mehr.
So habe ich die TE verstanden - ob hohe Schule in der Dressur wirklich noch unter Gesundheitssport laufen kann. Und das würde ich persönlich auch erstmal verneinen.
Ich kann nun gerade keine Quellen nennen, aber ich habe (ich glaube, es war in der "Sehnenbibel"?) sehr kritische tierärztliche Bemerkungen zum Thema Reitsport und Verletzungen gelesen. Gerade schwungvoller Trab (egal ob mit viel oder wenig Bodengewinn) ist wahnsinnig belastend.

s&p, der Vergleich mit dem Bodenturnen war eigentlich sehr spannend. Denn das genau ist ja ein Bereich, in dem die Kinder regelmäßig zum Arzt müssen, um zu schauen, ob sie (schon) Schaden genommen haben, wo also genau das, worum es hier geht, Thema ist.

Hat mal jemand die Füße von einer Frau gesehen, die seit 20 Jahren ausgiebig Balett tanzt? Ich schon. War gruselig.
Und die hat das GERNE gemacht! Mit Leidenschaft. Den Erfolg und die eigene Beweglichkeit genießend (die o.g. Yogabegeisterte im Übrigen auch, das war ihr ein und alles).

Und gerade weil Pferde - genau wie Menschen- das momentane Glücksgefühl an einer Übung, die ihnen gut gelingt und den Genuss eines ehrlichen Lobes unglaublich oft einfach auskosten wollen ohne Rücksicht auf Verletzungen oder verschlissene Sehnen, Muskeln oder Gelenke, kann man die Motivation an der Arbeit, den Arbeitseifer, den Gehorsam und die Beweglichkeit eben nicht als alleinige Parameter dafür verwenden, ob ein Pferd eine Übung schadlos ausführen kann/soll oder nicht.
Im Gegenteil muss man gerade bei hoch motivierten Pferden viel genauer hinsehen und hinterfragen, ob das, was man mit ihnen macht, nicht schon viel zu viel ist.

Also auch unabhängig von Alter, schonendem Aufbau, gutem Geläuf, artgerechter Haltung etc.
Sind alle diese Punkte gegeben, so sehe ich keinerlei Problem darin, ein Pferd auch bis hin zu den Schulen über der Erde zu fördern. :wink:
Was bleibt, ist die individuelle körperliche Konstitution. Wir können nicht in die Gene gucken, aber manche Probleme sind offensichtlich (Körperbau, Rücken, Beine, auch bei Geschwistern/Vorfahren).

Nach alledem allerdings:
nein, ich finde nicht, dass man sich mit Pferden immer auf Gesundheitssport beschränken muss. Aber eine größere Sensibilität dafür, Übungen, die den Bewegungsapparat stark belasten, eher gelegentlich aus der vorbereitenden Arbeit heraus ab und zu zuzulassen, passieren zu lassen, statt Stunde um Stunde hartnäckig daran zu feilen, täte vielen Reitern (bzw. deren Pferden) gut. Mir auch.

just my two cents...
grisu
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Beitrag von grisu »

@ melli

Gerade mit den Trabverstärkungen hast du ganz sicher recht. Kluge Turnierreiter (ja die gibts auch :wink: ) "üben" aus diesem Grund kaum Verstärkungen, sondern arbeiten an der Versammlung und an Übergängen im Trab. Ist das Pferd vor dem Bein, reicht das auch ohne "Diagonalenschrubben" im Training aus.
Man geht davon aus, dass eine Diagonale starker Trab etwa so belastend wie ein L-Parcours ist.
Übrigens sind auch Springprofis (jedenfalls, die die ich gut kenne) sehr zurückhaltend mit Springerei ohne einen Sinn in der Verbesserung der Rittigkeit. Das bedeutet, dass das Training mehr aus Gymnastik, Distanzen etc. als ganzen Parcours besteht.
Paula

Beitrag von Paula »

Bescheidenheit war mein Credo, nicht Demut.Obwohl ich das Wort auch benutze.Jeder der nicht damit Geld verdienen MUSS oder seinem Ego.zuliebe sein Pferd weit oder hoch foerdert ist der Meinung er taete dem Pferd damit nix schlechtes.Die Basis sei da.OK.Aber dann noch.zu glauben ER sei in der Lage!!! dem Pferd damit gut zu tun, es DAMIT gesund zu erhalten also er tue dem Pferd gut....Wo bitte ist da Bescheidenheit?Selbstkritik? Selbstreflexion...
Wer bitte moechte das von seiner Reiterei sagen ohne greifbare Forschungsergebnisse ohne Beweise?
Zuletzt geändert von Paula am Fr, 03. Jan 2014 00:38, insgesamt 2-mal geändert.
Paula

Beitrag von Paula »

Wo Bescheidenheit aufhoert, wo man auffhoert daran zu denken dass unser Pferd immer noch viel zu wenig erforscht ist, es ist ein Nutztier man machte es sich zu Nutze...Die echte serioese Pferdefeorschung hat in Deutschland noch keinen Lehrstuhl.
Das meiste wird hier noch von der FN gesteuert....Nutztier...
Wo das aufhoert ja was faengt dann wohl an?
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Melli, die Bedenken gut erklärt! :-)
Lässt sich auch gut zusammenfassen mit einem Meiner Leitsätze: Extreme sind nie gut.

Ja, für manches braucht man aber keine Beweise, man muss halt sehr gut reflektieren, selbstkritisch bleiben usw. Und da kommen wir wieder dazu: Die meisten die hier sind halte ich für reflektierend, immerhin tauschen wir uns aus, belesen und beäugen anderes, diskutieren uns die Köpfe heiß, manchmal auch bis einer heult *g* (und ein anderer was zum Lästern hat), aber das juckt weder den großen Turnierreiter, noch Lieschen-Müller, wenn sie die zehnte Diagonale schruppt oder andere ihr Robustpony nur bestem Müsli füttern bis es Rehe hat, anstatt es zu bewegen. Zumindest kommt mir das halt immer wieder in den Sinn. Ich hoff einfach darauf, dass mehr den goldenen Mittelweg finden und eins von vielen tausend Problemen dieser Welt - Pferdeverschleiß in deutschen Landen - sich bessert. Sorry, das Satzende ist halbsarkastisch...
Es grüßt Nadine

*******************
so schwer wie die freiheit, so leicht ist der zaum der sie hält... (frei nach and one - krieger)
********************
skywalker

Beitrag von skywalker »

Ich denke grad so, man kann diese Frage in 2 Aspekte aufdröseln:
Nämlich 1): Braucht das Pferd hohe Lektionen, um körperlich fit und gesundes Reittier zu bleiben? Ich glaube nicht, und der Tenor hier im Thread geht auch in die Richtung, wenn ich richtig lese und interpretiere. Also unter dem Aspekt der Notwendigkeit: Normale Dressur ja, hohe Lektionen nein (jetzt einmal unabhängig davon, wo jeder einzelne die Grenze zu hohen Lektionen ansetzt).

Daraus folgt auch schon, dass alles, was über Basis-Gymnastizierung hinausgeht, einfach aus Spaß an der Freud' gemacht wird. Wogegen ja nix zu sagen ist!

Und dann kann man sich in der Folge die Frage stellen:
a) Wie gut bin ich, wie korrekt krieg ich das hin?
und wiederum daraus folgend b): Wieviel davon kann ich machen, ohne dem Pferd zu schaden? (je korrekter, desto mehr davon wird möglich sein).

So ein bisschen der manchmal gebrachte Vergleich mit dem Kuchen: Die Basis, der Teig, muss mal passen. Wenn man gut ist, kann man eine Glasur drauftun. Wenn man sehr sehr gut ist, kann man eine Hochzeitstorte draus machen. Wenn man nicht so gut ist, lässt man die Fitzeleien besser weg und genießt lieber den simplen, guten Kuchen ganz ohne Glasur ;-)
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Meg
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Beitrag von Meg »

Netter Beitrag Skywalker :)
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Shkan
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Beitrag von Shkan »

Nun muss man aber auch mal definieren, ob wir hier von Turnierpferden sprechen (wo ich bezüglich der Bedenken absolut Recht gebe!!) oder von ambitionierten "Freizeitreitern", die ihre Pferde sicher nicht in dem Ausmass trainieren. Das Argument der Balletttänzerin mag ja bei vielen Turnierpferden stimmen, meine Cousine hat sich auch ihre Füße damit kaputt gemacht und nach zig Operationen musste sie den profimäßigen Tanz aufgeben. Aber bitte, die hat täglich stundenlang trainiert, und ihre Füße in gänzlich unnatürliche Positionen "gezwungen". Ich finde, das kann man nun nicht ganz direkt vergleichen. Ich bin nach wie vor der Meinung: "die Dosis macht das Gift". Wenn ich mit einem talentierten Pferd ohne Zeitdruck, und durch einen langsamen Ausbildungsweg mit Spaß bis hin zur hohen Schule komme, sehe ich das nicht wie Profisport an. Ich schiebe auch jeden Tag s..schwere Schubkarren durch die Gegend um den Stall zu misten, schlichte durchs Jahr händisch zig Tonnen an Heuballen rum um die Tiere zu versorgen.. ich sehe das schon ein ganz kleines bisschen pragmatischer. Wenn's beiden Spaß macht und kein Zwang dabei ist (mich zwingt ja auch niemand den Stall zu haben), man vernünftig nur fordert, was ein Pferd auch leisten kann und will, ist das doch eine schöne Sache.
Zuletzt geändert von Shkan am Fr, 03. Jan 2014 08:50, insgesamt 1-mal geändert.
geolina
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Beitrag von geolina »

hallo,

danke melli - ja so sehe ich es auch. der thread ging also doch nicht so nach hinten los, wie ich es erst befürchtete *lach*.

wichtig finde ich in dem punkt noch, dass man oft als reiter/ betroffener/ evtl. sogar als trainer den moment verpasst an dem aus fordern überfordern wird. man ist einfach zu sehr emotional mit dabei. deswegen sollte man sich ab und an auch mal objektiver überprüfung stellen. anderer trainer, alte weggefährten, freunde, die einen und das pferd von früher kennen, evtl. auch der ex-rl, von dem man sich trennte, weil man mehr wollte, leute aus einem anderen stall mit anderem schwerpunkt.

auf die muss man ja dann nicht sklavisch hören, aber deren gedanken zumindest ernst nehmen und sich dann überprüfen.

alex
irgendwann wird`s schon nach reiten aussehen - irgendwann ...
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

geolina hat geschrieben:hallo,

danke melli - ja so sehe ich es auch. der thread ging also doch nicht so nach hinten los, wie ich es erst befürchtete *lach*.

wichtig finde ich in dem punkt noch, dass man oft als reiter/ betroffener/ evtl. sogar als trainer den moment verpasst an dem aus fordern überfordern wird. man ist einfach zu sehr emotional mit dabei. deswegen sollte man sich ab und an auch mal objektiver überprüfung stellen. anderer trainer, alte weggefährten, freunde, die einen und das pferd von früher kennen, evtl. auch der ex-rl, von dem man sich trennte, weil man mehr wollte, leute aus einem anderen stall mit anderem schwerpunkt.

auf die muss man ja dann nicht sklavisch hören, aber deren gedanken zumindest ernst nehmen und sich dann überprüfen.

alex
So sehe ich das auch, Geolina.

Skywalker : danke für diesen Beitrag. :trink1:

Meg, ich glaube, du hast Phanja falsch verstanden. Sie meinte, daß auch "Basisarbeit" ein sehr dehnbarer Begriff ist.
So ist z.B. die Piaffarbeit eine "Basisarbeit" für die gesetzte Erhebung einer Levade oder einer Pesade.
In soweit bedeutet ja "Basisarbeit" eine Basis für eine weiterführende Arbeit. Wo also genau die Grenze ziehen ?
Korrigiere mich Phanja, wenn ich dich falsch verstanden habe...

Für viele mag "Basisarbeit" schon die reine Arbeit in Dehnungshaltung sein. Daß Jahre-langes, ausschließliches v/a aber nun auch nicht wirklich gesund ist ist ja nun unbestritten...
Für mich z.B. sind die Seitengänge in Schritt und Trab absolute "Basisarbeit" . Das was ich in den ersten 1-2 Jahren erarbeite und dann für die weiterführende Gymnastizierung und Stärkung zur Verfügung habe, ist für mich "Basisarbeit" . Darauf baut dann die "weiterführende Basisarbeit" auf- die dann möglicherweise in die hohen Lektionen führt Das bestimmt dann eben die Möglichkeit von Training und Zeit und das Pferd.
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Meg
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Beitrag von Meg »

S & P, ja das stimmt wohl mit der Basis, daher fehlte mir hier eigentlich von Anfang eine eine Definition von "Hoher Schule"

Da müsste man sich ja erstmal drauf einigen, sonst wird die ganze Diskutiererei eh eine subjektive Sache.
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kallisto
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Beitrag von kallisto »

Letztendlich ist aber auch die Qualität der Lektion entscheidend und die hängt einfach von der kontinuierlich guten Ausbildung von Pferd UND Reiter ab.
Wenn schon beim Galopp auf dem Zirkel die Losgelassenheit und das Gleichgewicht bei Pferd/Reiter nicht stimmt, dann frage ich mich, ob das Pferd/der Reiter das Können für Seitwärtsgänge oder gar Piaffe mitbringen, wie es teilweise praktiziert wird. Ich finde die abverlangte Lektionenreihenfolge in den Turnierklassen von E bis S sehr sinnvoll (egal ob man Turniere reitet). Versammelnde Lektionen,Seitengänge, Verstärkungen werden erst nach Erarbeiten gewisser Basislektionen und Rahmenkriterien (Losgelassenheit, Takt...) erarbeitet. Hohe Lektionen birgen ein hohes Potential an Fehlern bei Pferd und Reiter mit und können jeglichen positiven Zweck verlieren und schädigen.
Ganz unabhängig vom Leistungssport, der immer an die Belastungsgrenze geht.

Man hat selbst in einer simplen E-Dressur genug Übungspunkte drin, die fast jeden Freizeitreiter fordern. Ob Übergänge, Bahnfiguren, Reitersitz und -einwirkung und auch wenn man noch nicht so gut ist, hält sich die physische Belastung für das Pferd auf Wassertrense in Grenzen, weil es wird in seinen Grundgangarten auf großen Linien "belastet". Selbst einfache Stangenarbeit wie im Caprilli-Test ist ähnlich aufgebaut.

Eine gute Piaffe ist sehr schwer und für ein gutes Dressurpferd absolut kein muss, nichts destotrotz bin ich erschrocken, dass sie teilweise als "vorbereitende Lektionen" bei Reitkursen zum Verbessern des Galopps eingesetzt wird. Natürlich in schlechtester Ausführung kam sie vor allem beim Reiter(dem eher eine Sitzlonge im Trab und Galopp gut getan hätte...) gut an... Dass das Stangengebiss dabei klapperte, das Pferd schwankte und die Lektion jeden Sinn verlor, war selbst dem "Ausbilder" egal. Ich unterstelle, dass vor allem zu früh geforderte hohe Lektionen nur dem Ego des Reiters nützen. Nach dem Motto, mein kleiner wird zwar nie ein Dressurcrack, aber er "kann" Piaffe und ich habe ihn dahin "ausgebildet". Das hat mit Ausbildung nach klassischen Grundsätzen von Reiter und Pferd NICHTS zu tun. Und das habe ich bei namenhaften Gurus erlebt, die gleichzeitig über die "übliche Reiterei" wetterten. Damit haben sie aber die Lektionenreiterei (zeigbare Ergebnis von jahrelanger Ausbildung) vom großen Turniersport nur noch auf die Freizeitreiterei erweitert...
Wenn ich beim Pferd Kraft fördern möchte, dann reite ich einfach einen gut gesprungenen Galopp auf dem Zirkel. Dazu braucht es keine Piaffe. Wenn ich das Pferd gymnastizieren möchte, reichen diverse Bahnfiguren, keine Seitengänge. Jeder GUTE Reitlehrer sollte im Galopp als auch bei den Bahnfiguren zielführende Ratschläge parat haben, wobei hier auch der Reiter in der Umsetzung gefordert ist, der oft das eigentliche Problem ist...

Man muss sich nicht nur die Sporen verdienen, sondern auch die hohen Lektionen.

Wo ist der Respekt vor hohen Lektionen hin? Wo ist die jahrelang benötigte Erfahrung der Reiter auf verschiedenen Pferden hin, wenn man denkt, solche Lektionen daheim ohne Ausbilder zu erarbeiten aus Video und Büchern und Wochenendkursen...
Ich habe vor einem 1,50 m-hohen Oxer genausoviel Respekt wie vor einer Piaffe.

Gesund ist für mich gutes Reiten egal auf welchem Niveau. Die Fehlerquelle wird mit höheren Lektionen größer und daher sieht man gutes Reiten auf hohem Niveau selten. Gute Ausbilder wissen auch die Belastung von hohen Dressurlektionen richtig einzuschätzen. Als Jugendliche war ich vom damaligen Ausbilder überrascht, was die Pferde auf Turnier zeigten, während daheim an der Basis gearbeitet wurden.

LG Susi
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Shkan hat geschrieben:Ich finde, das kann man nun nicht ganz direkt vergleichen.
Den Vergleich von Melli habe ich vor allem mit diesem Bezug verstanden:
Dass nämlich Spaß an der Lektion eine Überlastung nicht zwingend verhindert, und zwar auch nicht, wenn intensiv, gut vorbereitet und unter der Aufsicht von Experten trainiert wurde.
Phanja

Beitrag von Phanja »

@s&p
Nö, du hast mich genau richtig verstanden :D
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Gawan
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Beitrag von Gawan »

kallisto hat geschrieben:Wenn ich beim Pferd Kraft fördern möchte, dann reite ich einfach einen gut gesprungenen Galopp auf dem Zirkel. Dazu braucht es keine Piaffe. Wenn ich das Pferd gymnastizieren möchte, reichen diverse Bahnfiguren, keine Seitengänge. Jeder GUTE Reitlehrer sollte im Galopp als auch bei den Bahnfiguren zielführende Ratschläge parat haben, wobei hier auch der Reiter in der Umsetzung gefordert ist, der oft das eigentliche Problem ist...
Und was machst du, wenn du ein Pferdl hast, mit dem du nicht einfach einen gut gesprungenen Galopp reiten kannst, weil das Tier halt von seinem Typ her kein begnadeter Galopper ist? Ich habe so ein Pferdl, das selbst im Freilauf die absurdesten Kombinationen aus Handgalopp, Kontergalopp, Kreuzgalopp vorne, Kreuzgalopp hinten, Redopp vorne und Redopp hinten zeigt. Der Osteopath hat ihn schon angeschaut, ist alles in Ordnung. Natürlich genügt es bei so einem Pferdl mal einfach einen gut gesprungenen Galopp zu reiten ...
Seltsamerweise bessert sich das langsam seit ich Seitengänge (im Moment noch meist im Schritt) mit ihm reite, auch der Trab ist besser geworden (mehr elastisches "boing boing" statt gelaufener Trab). Keine Angst, ich wurstle nicht einfach vor mich hin, sondern werde von einer Reitlehrerin (ja, aus dem BB-Bereich, aber selbst denkend, nicht gläubig) begleitet, die sehr genau hinschaut und nebenbei bemerkt auch schon Reiter dazu brachte, von der Kandare auf ein anderes Gebiss umzusteigen. Kann durchaus sein, dass mein Pferdl erst einmal halbe Tritte zeigt bevor es anständig galoppiert, was da zuerst kommt, ist mir persönlich egal. Keine Angst, ich übe mit ihm auch ganz banale Bahnfiguren und Übergänge (ich liebe Übergänge).

Hier noch ein Zitat eines "Gurus" zum Thema Galopp:
Eine Regel, die von allen geschickten Reitern beobachtet wird, ist: daß man niemals eher ein Pferd in Galop setzen muss, bis es durch den Trab so gelenksam gemacht ist, daß es sich von selbst, ohne in die Hand zu drücken oder zu ziehen, zum Galop zeigt; man muß demnach warten, bis sein ganzer Körper biegsam ist, bis es in der Schule Schulter einwärts seine Schenkel zirkelförmig zu bewegen gelernt hat, bis es der Schule Crupe an die Mauer, den Schenkeln folgt, und bis es durch den stolzen Tritt in den Pilaren leicht geworden ist. Sobald es zu diesem Grad von Gehorsam gekommen ist, so bedarf es nur geringer Hülfe, um es in Galop zu bringen, und es wird dieses mit Vergnügen thun.
Welchen Weg der Ausbildung ich für ein Pferd wähle, hängt halt auch vom Pferd ab, und ein Schema, das mal von einer Kavallerie für einen Warmbluttyp entwickelt wurde, ist möglicherweise nicht ganz passend für einen anderen Pferdetyp. Von daher bevorzuge ich Reitlehrer, die viele verschiedene Werkzeuge in ihrem Werkzeugkasten haben und damit umzugehen wissen.
Zuletzt geändert von Gawan am Fr, 03. Jan 2014 11:16, insgesamt 1-mal geändert.
"Der Reitlehrer sei unser eigenes Pferd" SGS
(und der Schüler zeige Geduld, Demut und Hingabe)
Draussen bin ich 4:0 unterwegs, in der Halle 3:1, manchmal 1:3.
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