2. Themenrunde "Freiarbeit"

Alles was ihr vom Boden aus mit Eurem Pferd machen könnt

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susiesonja
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2. Themenrunde "Freiarbeit"

Beitrag von susiesonja »

Ich möchte heute mit der 2. Themenrunde starten. Das Thema ist die Freiarbeit mit all ihren Facetten und Möglichkeiten, aber vielleicht auch Grenzen.

Und da stellt sich mir gleich die ersten Fragen: Warum überhaupt Freiarbeit? Welchen Nutzen haben Mensch und Pferd davon und welche Motivation steht beim Menschen dahinter?

Für mich persönlich ist Freiarbeit "Beziehungsarbeit" für mich und das Pferd. Ich verspreche mir davon in erster Linie eine bessere Bindung zwischen mir und dem Pferd. Und schaffe ich dies..... also die Bindung zu verbessern, dann ist das für mich schon fast Nutzen und Motivation genug.

Horts Becker schreibt in seinem Buch "Von der Freiheitsdressur zur hohen Schule" : "... Freiarbeit wie die hier beschriebene ist für jedes Pferd sinnvoll und eine ideale Vorbereitung auf die Arbeit unter dem Sattel." (S.20)
Und.... "Respekt, Vertrauen und Gehorsam sind für mich die Säulen jeder Pferdeausbildung. Erst, wenn das Verhältnis zwischen Mensch und Pferd von gegenseitigem Vertrauen, aber auch Bereitschaft des Pferdes zur willigen Unterordnung geprägt ist, kann weiterführende Dressurarbeit greifen." (S.21)

Seht ihr das genauso?

Und dann frage ich mich, welche Vorraussetzungen sollte die Pferd-Mensch-Beziehung für die Freiarbeit mitbringen?

Ich habe mit der Freiarbeit erst spät angefangen, da waren meine Pferde schon deutlich jenseits der 15 Jahre alt, hatten also schon eine ziemlich umfassende Grundausbildung durchlaufen und der Start in die Freiarbeit war nicht weiter schwierig. Wie sieht es aber mit rohen oder weniger gut geschulten Pferden aus?

Was ich für mich auf jeden Fall festgestellt habe ist, dass sich tatsächlich der gesamte Umgang zwischen mir und den Pferden verändert hat. Gut verstanden haben wir uns wohl auch vorher, aber seitdem fragen sie mal ganz anders oder bieten viel häufiger von selbst Dinge an. Sie sind offener und selbstbewusster geworden. Und ich bin ebenfalls offener und vor allem sensibler geworden.
Ich höre und sehe besser hin.

Freddy Knie sagt in "Die sanfte Art mit Pferden umzugehen auf S.24:"Es muss vertrauen können, um sich unterzuordnen, und dazu muss es verstehen."

Hilft die Freiarbeit den Pferden uns besser zu verstehen? Oder lernen nicht eher wir die Pferde mit Hilfe der Freiarbeit besser zu verstehen?

Wie ist es bei euch? Und wie gestatlet ihr den Einstieg?
Solange ein Pferd lebt, bleibt es seinem Charakter treu. (unbekannt)
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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

Sehr gutes Thema. :D Ich bin kein Freiarbeitsprofi, mache das auch nicht allzu oft, aber aus meinen bisherigen Erfahrungen kann ich folgendes berichten:

Die Freiarbeit hilft vor allem mir als Mensch, als daß ich durch sie erfahren und verstehen lernen kann, wie sensibel ich aufs Pferd einwirken kann, damit es eine geforderte Übung ausführt. Die Freiarbeit hat mich gerade im laufenden Jahr sehr oft zum Nachdenken darüber gebracht, wie unklar oder falsch ich mich sehr oft fürs Pferd durch meine Körperhaltung ausdrücke.

Anfangen hat es damit, daß ich mit Kurti, meinen derzeit 3,5-jährigen Noriker-Wallach auf einem Tagesseminar Bodenarbeit mit Judith Mauss was. Ich kenne Judith schon von Bodenarbeitskursen, die ich mit Amor, meinem nunmehr 19-jährigen Hafi-Wallach, bei ihr besucht habe. Ich fand es immer enorm, wie schnell Judith Übungen mit einem ihr völlig fremden Pferd nahezu in Vollendung vormachen konnte und die Besitzer dagegen, die doch oft fast täglich mit ihren Vierbeinern zu tun haben, sich so immens schwer tun. Das war natürlich Bodenarbeit, die mit Halfter und Strick durchgeführt wurde. Bei der Freiarbeit ist es ja nochmals viel anschaulicher und deutlicher, denn ich kann das Pferd hier nicht via Halfter/Strick zwingen, bei mir zu bleiben, und keinesfalls will ich, daß es in Herumgescheuche à la MR ausarbeitet, damit ich die Aufmerksamkeit

Als ich dann angefangen habe, Kurti zu longieren, habe ich das zunächst über Freiarbeit in einem abgegrenzten Teil unseres Sandpaddocks geübt. Kurti sollte "einfach" im Kreis um mich herumlaufen, ich wollte das Tempo und auch die Richtung (auch Handwechsel) bestimmen können. Hierbei ist mir ein weiteres mal aufgefallen, wie wichtig eine richtige Körpersprache ist, denn erst, wenn ich ganz explizit auf mich und weniger aufs Pferd geachtet habe, konnte Kurti die Übungen ausführen. Das hat mich sehr beeindruckt und mir sehr nachhaltig vor Augen geführt, wie sehr auch kleine Veränderungen in meiner Körpersprache oder -position dem Pferd helfen, dem nachzukommen, was ich gerne von ihm sehen möchte. Vor allem bei den Handwechseln! Das konnte ich später dann allerdings auch alles sehr gut zum Longieren mittels Kappzaum und Longe übernehmen.

Eine ähnliche Situation erlebte ich vor kurzem, als ich mit Amor an einem Tageskurs mit Langzügelarbeit teilgenommen habe. Er tat sich wesentlich leichter, wenn ich mich richtig positionierte, auch meinen Körper entsprechend einsetzte (z. B. die Schultern richtig mitdrehte). Und das, obwohl ich ja eigentlich hinter im stand und er mich nicht so gut sehen konnte!

Freiarbeit in den Grundlagen/Basics, die ich bislang nutze, ist daher für mich in erster Linie ein Mittel zur Überprüfung, wie gut ich mich selbst koordinieren, organisieren und einsetzen kann. An den Reaktionen des Pferdes kann ich dann wunderbar ablesen, was ich richtig oder falsch mache. Insoweit hat die Freiarbeit bislang mehr mir geholfen, meine Pferde besser zu verstehen.

Freiarbeit ist dann auch sicherlich ein Barometer dafür, wie gut die Beziehung zum Pferd ist. Bin ich für das Pferd interessant genug? Möchte es mit mir arbeiten? Bleibt es bei mir? Von daher kann man Freiarbeit sicherlich auch zur Beziehungsarbeit nutzen, allerdings sollte denke ich schon ein gewisses Grundvertrauen und Niveau an Beziehung da sein, weil es sonst ja nicht klappen kann (Pferd bleibt nicht da). Ich habe das meistens so gehandhabt, daß ich Kurti zu mir in den abzugrenzenden Bereich des Paddocks eingeladen habe. Ich habe ihn gerufen und geschaut, was er macht. War er neugierig und kam näher war das für mich vor allem nach mehreren solcher Einheiten ein Signal, daß er mitmachen möchte, denn er ist ein schlaues Kerlchen, daß sehr schnell durch Wiederholung lernt und somit genau wußte was ansteht, wenn ich mit den Zaungriffen und dem E-Band in der Hand dastehe. Er hätte sich also auch entscheiden können, daß er heute keine Lust hat - was auch vorkam, aber wesentlich seltener, als ich das erwartet hätte.
lg, Tanja

Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
Aus: "Vollendete Reitkunst", Dr. Udo Bürger, 1959
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

Eine Frage war, warum man Freiarbeit macht? (Motivation und Nutzen)
Dazu eine Antwort und Position von mir.

Mit meinem 2.5jährigen Jungpferd nutze ich die Freiarbeit um herauszufinden und gemeinsam zu erarbeiten, wie Luke lernen und arbeiten möchte.
Bei der "willigen Unterordnung" wie im ersten Post zitiert, bin ich nicht, vielleicht noch nicht, vielleicht ist das aber auch gar nicht meine Idee. Mein Pferd ist ausgesprochen freundlich und kooperativ und er lernt und "arbeitet" gerne. Trotzdem er erst seit wenigen Wochen kastriert ist, haben wir kein Dominanzthema, es gab auch nie eines. Ich nutze einen Mix aus Grunderziehung (Disziplin, positive Verstärkung, negative Verstärkung und sogar ganz selten Strafe kommt hier vor, um Grenzen zu etablieren und guten Umgang zu ermöglichen) und Clickertraining und einfach Spielen miteinander. Luke folgt mir i.d.R. frei und ist gespannt, was wir anstellen. Er hat auch manchmal Ideen, das ist schön.

Bsp: Arbeiten mit Dualgassen, altersgerecht. Erst lernt Luke, die Dinger von der Bande zu werfen, das findet er toll. Die Elemente kennt er ja. Dann üben wir balancieren auf einem Schlauch. Dann führe ich ihn vorwärts und rückwärts über die Schläuche, erst mit Seil ( passt hier nicht her), dann ohne. Dann trägt er die Dinger frei zurück zur Bande und wir räumen auf. Seine Idee war das Balancieren. :-) und das Von der bande ziehen.

Solche Einheiten führen wir durch, so oft die Halle entsprechend frei ist. Dbei wird vieles geübt, das frei folgen z.B. , das Abrufen und vieles mehr. Das Schöne ist, dass Luke Spaß daran hat und ich erst recht.
Elemente wie Ablegen, Kompliment und anderes kommen auch ab und zu vor.

Warum machen wir das? Um herauszufinden, wie wir zusammen arbeiten können
Motivation: Lernen, Beschäftigung, Schrecksicherheit (habe grad einen ferngesteuerten Hubschrauber bestellt, um zu üben, dass der auf Lukes Rücken landet... :-) ) und SPAß
Nutzen: Wir werden hoffentlich ein besseres Team dadurch und Luke wird sehr sicher.
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Beitrag von FNB »

Hallo!
Neben den o.g. positiven Argumenten muss ich zugeben: ich mach Freiarbeit auch für mich. :lol:
Es gibt meiner Meinung nach nichts schöneres, als wenn Lektionen auch ohne "bindende" Hilfsmittel funktionieren.
Ich geniesse diese Zusammenarbeit, die sicherlich nicht jeden Tag funktioniert. Aber es gibt für mich nichts schöneres, als mich neben mein liegendes Pferd zu setzen und es zu kraulen.

:D

LG
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Janina
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Beitrag von Janina »

Also wir machen Freiarbeit im Prinzip schon seit 20 Jahren und zwar in Anlehnung an die Zirkusarbeit, wie sie Fredy Knie sen. praktiziert hat. Das ist für mich so die "Basis" der Freiarbeit.
Mit dem jungen jetzt habe ich die aber auch sofort mit ins Programm genommen. Wichtig für mich:
Kommunikationsverbesserung.
Und zwar beidseitig. Klar kann man beim "normalen" Longieren auch alle möglichen Stimmkommandos, etc. einführen, was einem dann wieder im Sattel hilft, aber ich habe doch immer den Eindruck, dabei ist das Pferd mehr oder weniger "Befehlsempfänger". In der Freiarbeit bekommt man viel mehr Feedback und ja, sie bieten definitiv auch eher etwas von sich aus an.

Allerdings kannten unsere Pferde alle vorher das normale Longieren. Denke aber, es spricht auch nichts dagegen bei einem rohen Pferd direkt mit Freiarbeit anzufangen. Im Grunde ist das für das Pferd (so man sich nicht ganz ungeschickt anstellt @Körpersprache) vermutlich sogar logischer. Parallel dazu würde ich auf das Longieren aber auch nicht verzichten wollen, weil man da doch noch auf Stellung und Linienführung direkt Einfluss nehmen kann und das somit für die Gymnastizierung schon auch braucht.
"When the horse is perfectly on our aids, then the horse is light, brilliant but never spectacular." (Miguel Távora)
Phanja

Beitrag von Phanja »

Abgesehen von den bereits genannten positiven Aspekten, finde ich, dass es eine prima Entwicklungsmöglichkeit für mich als Mensch ist. Bei der Freiarbeit muss ich mich als Mensch ein Stück weit auf die Ideen und die Motivation des Pferdes einlassen und meine Erwartungshaltung anpassen.
Bevor ich intensiver frei mit den Pferden gearbeitet habe, gab es durchaus Tage, an denen ich mit viel zu hoher Erwartungshaltung und fester Vorstellung mit den Pferden gearbeitet habe. Was häufig dazu führte, dass die Pferde nicht wirklich Spaß daran hatten und ich am Ende frustriert war. Da Herr Puschel z.B. sofort geht, wenn ich unbedingt eine bestimmte Aufgabe haben will und er darauf grade keine Lust hat. So muss ich mir überlegen, über welche Übungen oder mit welcher Strategie ich ihn motivieren kann, zu tun, was ich haben möchte. Und ich finde, dass die Pferde das in der Freiarbeit auch deutlicher zeigen (oder es ist durch den Menschen deutlicher wahrzunehmen :P ).
Diese Erfahrungen kann man auf den gesamten Umgang mit dem Pferd mitnehmen und mir geht es da wie susiesonja - die Freiarbeit ist Beziehungsarbeit und führt zu einem offeneren Umgang zwischen Mensch und Pferd.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Ich würde ganz grob in zwei Bereiche trennen, einmal Freiarbeit um z.b. mittels Konditionierung etwas beizubringen im Sinne von lernen eines bestimmten Verhaltens, andererseits rein um in der Kommunikation herauszufinden, wie ein Pferd “tickt “ oder ihm umgekehrt die Möglichkeit zu geben den Menschen einschätzten zu können, eher Beziehungsarbeit. Letzteres meint nicht die oftmals erwähnte Verbesserung der Beziehung durch zum Beispiel ZL.

Und da Pferde ja von klein auf kommunizieren können, ist für mich wirklich freies “arbeiten “ eben in einer Kommunikation in jedem Alter möglich, bei rohen Pferden sogar einfacher als bei vielen ver-kommunizierten Pferden, die gelernt haben, das der Mensch Dinge tut, die er ganz anders meint, als es das Pferd normalerweise deuten würde.

Kann ich mich als Mensch geschickt dem Pferd gegenüber platzieren, habe ich es nach einer kurzen Einheit vor einem Training zum Beispiel beim VerladeTraining mit fremden Pferden dann wesentlich leichter.

Zum Thema “funktionieren “:
Wenn man sich versteht, funktioniert es jeden Tag, klar. Pferd verlernt nicht die Art der Kommunikation, wie sie der Mensch nutzt.
Anders mit beigebrachten Übungen, die ein Pferd nicht schlicht tut, weil es weiß ich werde drauf bestehen, sondern die es gelernt hat auszuführen, um dafür etwas zu bekommen, Keks, kraulen, verbales Lob. Ist das nämlich der einzige Antrieb, dann stehe ich als Mensch dumm da, wenn ich was möchte, dem Pferd aber seine Motivation für das begehrte etwas grade abhanden gekommen ist.

Vielleicht ergibt sich bei mir mit Socke auch einiges aus der alltäglichen Versorgung, da merkt man immer wie viel Kommunikation und wieviel erlerntes Verhalten auf Kommando im Spiel ist.
Socke hat mir dafür mit 7 Jahren am Strand gezeigt, dass sie auch dann noch Wert auf den Kontakt zu mir legt, wenn sie grade aus einem gemeinsamen Rennen heraus mit Schwung 200 oder mehr Meter weiter gelaufen ist -vermeintlich ihr eigenes Ding machend hat sie sehr wohl fein ihre Antennen genutzt um zu achten was ich mache, um sich wieder anzuschließen, als wir in die andere Richtung wechselten.
Das war schon ein besonderer Moment zu erleben, wie fein die Kommunikation auch mit uns Menschen zum Teil möglich ist, denn dass die bei Pferden aus weit mehr als Körpersprache besteht müssen die Pferde ja nicht lernen...
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Zum Einstieg noch:
der fängt bei mir da an, wo ich ein Pferd im Umgang mit anderen beispielsweise einschätze...kann so sein. Oder ich erarbeite mir als erstes mal eine Art Akzeptanz, um nicht das böse Wort Respekt zu nutzen, schaue ob sich ein Pferd auf mich einlassen mag, was im individuellen Fall dafür nötig ist, wie ich es überzeugen kann mir zu trauen. Wer bewegt wenn ist da ein wichtiges Stichwort, auch Dinge wie gewünschte Distanz bzw Nähe...

Dazu kommen dann Zeichen und verbale Kommandos wenn es dahin geht, das ich dem Pferd etwas wir ein Kunststück beibringen will.

Für mich besteht daher eine umgekehrte Abhängigkeit, je besser die Bindung, desto besser kann ich frei was machen.
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Lirio
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Beitrag von Lirio »

Ich nutze Freiarbeit bei meinem Jungpferd zur Verbesserung unserer Kommunikation und Beziehung. Außerdem ist die Motivation für diverse Übungen bei uns beiden ungleich höher. :D
Angefangen haben wir mit einfachen Dingen wie Halten und ich gehe um´s Pferd herum und herkommen auf Zuruf. Mittlerweile kann ich ihn mitten in die Halle stellen und er wartet dort auf mich. Und letztens hat er mir angeboten im Schritt und Trab auf beiden Händen, mit gleichmäßigem Abstand zu mir, in wunderbarer Dehnungshaltung zu gehen. :D

Ich genieße einfach die Zeit die wir so verbringen, weil so viel feine Kommunikation dahintersteckt und ich Flori die Möglichkeit geben kann sich zu entfalten.
Julia
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Beitrag von Julia »

Ich finde Eure Ausführungen wirklich spannend. Mich würde sehr interessieren wie ihr mit der Freiarbeit angefangen habt.

Was für "Übungen" waren der Einstieg, was habt Ihr zuerst gefestigt und was kann daraus dann entstehen?

Worauf sollte man achten?
Liebe Grüße, Julia
skywalker

Beitrag von skywalker »

Warum überhaupt Freiarbeit? Welchen Nutzen haben Mensch und Pferd davon und welche Motivation steht beim Menschen dahinter?
Da gibts für mich eine simple Antwort: Weil's geht und weil's Spaß macht :wink:
Das ist in erster Linie der "Nutzen", den zumindest ICH mal habe - hoffentlich auch das Pferd.

Hier kommt dann der 2. Nutzen ins Spiel: Direkteres Feedback des PFerdes. Man merkt, ob und wie weit man von direkter Verbindung zum Pferd noch abhängig ist (über Seil, Zügel, etc.), und man merkt, wie motiviert, gehorsam oder aufmerksam das Pferd tatsächlich ist. Da können Seil etc. manchmal darüber hinwegtäuschen.

Dass Freiarbeit mehr Beziehungsarbeit ist oder man sich sonst etwas mehr erarbeiten kann also z.B. durch Bodenarbeit (mit Seil), sehe ich ehrlich gesagt nicht so. Es ist eher ein Test, wie gut die Beziehung geworden ist.
Mich würde sehr interessieren wie ihr mit der Freiarbeit angefangen habt.
Ich habe Bodenarbeit mit Seil angefangen. Wenn man dann der Meinung ist, dass das Seil immer unnützer wird, kann man es einmal abschnallen und Übungen mit wenig Distanz probieren.
Die Reihenfolge dabei ist bei uns: Nähe vor Distanz, Distanz vor höherem Tempo. Je höher die Gangart und je größer die Distanz, umso fragiler die unsichtbare Verbindung.
Julia
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Beitrag von Julia »

Ich ergänze meine obigen Post mal um noch mehr Fragen ;) :

Arbeitet ihr mit Leckerlies oder ohne?

Wenn mit - warum?
Wenn ohne - warum?

Was kann man als Laie als einfach Übungen zum Anfang machen die beiden leicht fallen um einen guten Einstieg zu bekommen?

Bin sehr gespannt ;)
Liebe Grüße, Julia
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Julia hat geschrieben:Ich ergänze meine obigen Post mal um noch mehr Fragen ;) :

Arbeitet ihr mit Leckerlies oder ohne?

Wenn mit - warum?
Wenn ohne - warum?

Was kann man als Laie als einfach Übungen zum Anfang machen die beiden leicht fallen um einen guten Einstieg zu bekommen?

Bin sehr gespannt ;)
Leckerli nur sehr bedingt weil nicht nötig - ich nutze sie nur bei ZL um deutlich zu belohnen.
In der Freiarbeit geht es ja grundsätzlich um viel Kommunikation - da findet solch eine Art Belohnung nicht statt.

Einfache "Übung" beim Einstieg:
- Pferd frei durch Körpersprache bewegen, in Abstand, Tempo, Richtung varrieren, eigene Aktivität dabei minimieren, um allmählich auf Abstand mit feinsten Signalen hin das Pferd zB beim frei longieren beliebig nach innen oder außen wenden lassen zu können
- das Pferd HH- oder VH-Wendung, seitwärts, rückwärts motivieren
- Pferd einem folgen lassen
- kleine Kreise um einen rum, Körperdrehung aufs Pferd zu, Pferd dann an sich vorbei den Handwechsel laufen lassen

Das sind Dinge, die man von "grob" zu "fein" gut ausprobieren und verbessern kann, die Feinabstimmung wird immer besser.
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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

Ich arbeite mit Keksen, aber unterschiedlich je nach Pferd. Bei Amor muß ich damit vorsichtiger umgehen als bei Kurt, weil Amor schneller hapsig wird und dann übermotiviert plötzlich alle möglichen Dinge abspult, die er kennt und kann. Was ich bei der Freiarbeit, wie auch beim Longieren, bei mir noch besser etablieren muß, ist die Trennung von Verlaufslob und normalem Lob (Verlaufslob = das ist gut, soll fortgeführt werden = "feiiiiiiin"/Stimme, Energie geht nach oben/auffordernd, normales Lob = das war gut, Übung beendet = "braaaaaav"/Stimme, Energie geht nach unten/beruhigend).

Der Nachteil von Keksen und/oder Kraulen ist für mich bei der Freiarbeit, daß man ja dann wieder nah ans Pferd ran muß, was man evtl. für eine Übung gerade nicht gebrauchen kann.

Wie gesagt, habe ich bei Kurti mit der Freiarbeit ganz simpel auf einem enger begrenzten Raum (abgeteilter Sandpaddock, ca. 10m x 10m) angefangen: antreten, Schritt, anhalten. Dann habe ich Handwechsel und auch mal Rückwärts eingebaut. Das längere korrekte Stehenbleiben auf Kommando habe ich erst später dazu genommen, mehr so als Lob mit eingesetzt, damit er über etwas nachdenken konnte. Das längere Stehenbleiben fiel ihm nämlich schon schwer am Anfang und mußte sekundenmäßig langsam gesteigert werden.
lg, Tanja

Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
Aus: "Vollendete Reitkunst", Dr. Udo Bürger, 1959
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susiesonja
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Beitrag von susiesonja »

Bei mir hat sich die Freiarbeit zum Einen aus der Arbeit am Seil entwickelt, zum anderen eher "versehentlich" beim Laufen lassen der Jungs.

Angefangen habe ich dann (egal ob mit einem Pferd oder mit beiden) mit einfachen Handwechseln, Rückwärtsrichten, Übergängen. Das würde ich mal so als die Phase beschreiben, in der ich erstmal Raum für mich beansprucht habe.
Finchen hat geschrieben: Wer bewegt wenn ist da ein wichtiges Stichwort,
Später dann auch seitwärts treten und folgen, in verschiedenen Gangarten und auch mal über Stangen usw.

Finchen hat geschrieben:, schaue ob sich ein Pferd auf mich einlassen mag,
Was machst Du, wenn sich das Pferd überhaupt nicht einlassen mag? Ich denke da an Pferde, die viel schlechtes erlebt haben und in sich gekehrt oder sehr zurückhaltend/ ängstlich sind..... wartest du einfach ab, startest an einem anderen tag neu oder oder oder?
Solange ein Pferd lebt, bleibt es seinem Charakter treu. (unbekannt)
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