Teilberitt: Erfahrungen und Gedankenaustausch

Rund um die klassische Reitkunst

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esge
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Beitrag von esge »

Wer es schafft, einmal pro Woche Reitstunde zu nehmen und einmal pro Woche bereiten zu lassen, wird feststellen, dass die Fortschritte riesig werden!

Bereite ich ein Pferd, nehme ich dasselbe wie für die gleiche Unterrichtszeit, es sei denn, ich muss das Pferd vor- und hinterher selbst fertigmachen. Dann kostet es gigantische 5 Euro mehr.
Loslassen hilft
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Sehe ich wie esge.
Und zu Jens Idee: So habe ich das auch schon gemacht – sprich, eine halbe Stunde Beritt, eine halbe Stunde nachreiten. Das hat den Vorteil, dass man Verbesserungen unmittelbar fühlt.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

Ich habe einen jungen Pferdewirtschaftsmeister, der einen Teil unserer Pferde mitreitet, sprich, die jüngeren Pferde jeweils einmal in der Woche. Hauptgrund war, dass mir leider die Zeit fehlt, selber so lange und intensiv zu reiten, wie ich es gerne möchte, um reiterlich weiterzukommen und ich es einfach nicht schaffe, die Pferde jeden Tag zu reiten, sodass ich mehr und mehr auf der Stelle getreten bin. Zusätzliche Reitbeteiligungen finden aus vielerlei Gründen auch nicht mehr statt.

So wie es derzeit ist, empfinde ich den Teilberitt als sehr angenehm, da dieser Bereiter sich als Dienstleister sieht und das macht, was ich möchte, und somit der rote Faden nicht verloren geht. Ich habe aber auch schon in meinen reiterlichen Anfägen erlebt, dass die Bereiterin mit meinen Pferden überall glänzte und ich nur zum Putzen in den Stall kam, weil ich es nicht nachreiten konnte... :roll:
Talent bedeutet Energie und Ausdauer. Weiter nichts. (Heinrich Schliemann, Entdecker Trojas)
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Firli
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Beitrag von Firli »

Zur Nachreitbarkeit, die ja auch schon Jen angesprochen hat - was meint Ihr damit genau?

Ich meine, wenn ich die Pferde meiner Reitlehrerin reite, dann kann ich das schon nachreiten. Nicht alle Lektionen, vielleicht nicht den Versammlungsgrad oder die Präzision, aber im grossen und ganzen kann ich die Pferde schon so anständig reiten, wie es eben auch meinem Niveau entspricht. Sprich, ich kann die Pferde anständig auf A/L-Niveau reiten, und auch wenn ihre Pferde teilweise viel weiter ausgebildet sind, kann ich das deswegen natürlich nicht einfach so. Aber die RL kann mir immer ganz genau sagen, was wie wo wann fehlt; wenn ich das umsetzen kann, dann geht das dann schon sehr viel besser, als wenn ich alleine "im Nebel stochern" würde.

Vielleicht sehe ich es aber auch als zu selbstverständlich an, dass die Pferde sich mit Anleitung auch von mir nachreiten lassen, aber ich kann mir grad nicht vorstellen, wie jemand reiten müsste, damit das gar nicht der Fall wäre. Wie gesagt, einfach auf meinem Niveau, ich werde ja nicht besser, nur weil das Pferd weiter ausgebildet ist, das will ja alles erst mal geritten werden.
Motte
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Beitrag von Motte »

Naja - Nachreiten können heisst schlicht, dass der RL so mit den Pferden arbeitet, dass DU die auch bedienen kannst.
Da kann es schon Unterschiede geben.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Hehe, Jen: Zwei Dumme, ein Gedanke ;-)
Schroedi
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Beitrag von Schroedi »

Medusa888 hat geschrieben: Ich habe aber auch schon in meinen reiterlichen Anfägen erlebt, dass die Bereiterin mit meinen Pferden überall glänzte und ich nur zum Putzen in den Stall kam, weil ich es nicht nachreiten konnte... :roll:
Das finde ich aber nicht unbedingt ein Argument, das gegen den Teilberitt spricht. Meine RL, die mein Pferd zwei Jahre lang teilberitten hat, kann mit meinem Pferd Dinge machen, wovon ich nicht mal träumen kann. (Zickzacktraversalen z.B. fliegender Galoppwechsel auf der Geraden...).
Obwohl ich das meiste mit meinen bescheidenen Fähigkeiten nicht nachreiten kann, hat es sehr viel gebracht.
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Firli
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Beitrag von Firli »

Genau, Schroedi, deshalb meine Frage, was unter "Nachreitbarkeit" verstanden wird.
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

Schroedi hat geschrieben: Meine RL, die mein Pferd zwei Jahre lang teilberitten hat, kann mit meinem Pferd Dinge machen, wovon ich nicht mal träumen kann. (Zickzacktraversalen z.B. fliegender Galoppwechsel auf der Geraden...).
Obwohl ich das meiste mit meinen bescheidenen Fähigkeiten nicht nachreiten kann, hat es sehr viel gebracht.
Das geht nicht gegen Dich, aber ich frage mich grundsätzlich, was es einem Anfänger bringt - außer der Erkenntnis, dass das Pferd es kann - wenn die RL das rausreitet. Davon hat der lernende Reiter erstmal gar nichts.
Mir ist dann ein Beritt lieber, wo der Bereiter oder die Bereiterin mich in den Lektionen unterstützt, bei denen ich noch Schwächen habe oder mir die Dinge abnimmt, für die mir Erfahrung oder Mut fehlen (z.B. das erste Mal auf der Rennbahn galoppieren, gezieltes Ausdauertraining oder ähnliches).

Genau das meine ich nämlich. Ein Bereiter, der sich draufsetzt um zu beeindrucken und schön zu reiten, hat für mich den Beruf verfehlt. Ein Bereiter ist ein Dienstleister und er hat nach Vorgabe des Auftraggebers einfach dafür zu sorgen, dass der Pferdebesitzer es leichter hat.
Ich würde unserem Bereiter nicht mit auf den Weg geben, dass er an diesen Lektionen feilt, solange ich selber nicht mal in die Nähe der Lektionen komme.
Firli hat geschrieben:deshalb meine Frage, was unter "Nachreitbarkeit" verstanden wird.
Beispiel: Pferd neigt zum Stürmen beim Angaloppieren, der Reiter bekommt Angst und neigt zum Ziehen, was die Situation verschlimmert. Der Bereiter übt gezielt das Angaloppieren und gibt immer wieder die richtigen Hilfen. Das Pferd wird in den Händen eines Profis weniger zu extremen Reaktionen neigen, weil dieser einfach mit der nötigen Ruhe und Erfahrung agiert. In der Folge hat der Reiter es einfacher, weil das Pferd entspanntert wird. Dass das den Besitzer nicht davon frei macht, es selber lernen zu müssen ist selbstverständlich.

Beispiel 2: Pferd neigt zum "eng werden und stürmen" im freien Gelände. Der Bereiter soll gezielt daran arbeiten. Das Pferd bekommt Routine, der Reiter wird es merken, dass es mit jedem Mal für ihn leichter wird.

Oder verstehe ich die Frage nicht???
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Firli
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Beitrag von Firli »

Ich glaube, ich bin zu naiv - die von Dir genannten Dinge sind für mich selbstverständlich.

Meine Vorstellung ist, dass ein Bereiter zunächst mal (und natürlich immer wieder) die Grundlagen festig, und dann aber auch Schritt für Schritt in der Ausbildung weiter macht. Wenn dann irgendwann auch schwierige Lektionen drinliegen unter dem Bereiter - warum nicht? Solange die Schritt für Schritt systematisch erarbeitet wurden, immer unter der Berücksichtigung der Ausbildungsskala, dann sehe ich es nicht als Problem an, wenn das Pferd auch Dinge lernt, die die Reiterin nicht so bald nachreiten kann. Diese Lektionen sind ja kein Selbstzweck, sondern dienen auch der Verfeinerung der Basis, der Gymnastizierung des Pferdes, und helfen somit auch dem Ganzen.

Klar, wenn der Beritt blosse Show ist, dann hilft es nichts.
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

Wahrscheinlich bin ich desillusioniert....

Ich hatte halt beides und kann da aus dem Vollen schöpfen. Daher bin ich froh, wenn unser Bereiter mir den Rücken frei hält. Er reitet auch weiterführende Lektionen, aber eben so wie es für mich hilfreich ist.
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Beitrag von chrisP »

So kenne ich das auch, er reitet höhere Lektionen, aber eben nicht völlig abgehoben, sondern eher das, wo ich hin möchte. Ich bin im Moment einfach nicht gut genug, um die Fehler auszubessern und gleichzeitig neue Lektionen zu erlernen.

Völlig abgehoben fände ich nun auch unnötig, aber ich finde trotzdem auch schön zu sehen, wie einfach manche für mich noch unlösbare Lektionen aussehen können :)
Schroedi
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Beitrag von Schroedi »

Medusa888 hat geschrieben:Das geht nicht gegen Dich, aber ich frage mich grundsätzlich, was es einem Anfänger bringt - außer der Erkenntnis, dass das Pferd es kann - wenn die RL das rausreitet. Davon hat der lernende Reiter erstmal gar nichts.???
Eine Anfängerin bin ich jetzt nicht gerade. Meine RL hat die Seitengänge nicht für ihren eigenen Spaß geritten, sondern um mein Pferd geradezurichten. Als quasi therapeutische Übung. Und dazu gehörten dann eben auch die Traversalen und Zick-Zack-Traversalen.
Sie hat das Pferd dadurch viel elektrischer am Bein gemacht und das kam mir sehr wohl zu Gute.
Nachreitbar ist für mich, dass ich auf meinem Level noch besser und feiner werde, dass mein Pferd feiner wird. Wenn ich auf E-Niveau reite, habe ich nichts davon, wenn meine Bereiterin mit Piaffen glänzt. Aber sehr wohl etwas, wenn ich selbst das Schulterherein und den Travers erlerne.
Mein Pferd war nicht verdorben, als es mit dem Beritt anfing, nur auf eine Art schief und fest im (sehr kurzen) Rücken, dass ich damit Probleme hatte und es meine reiterlichen Fähigkeiten überforderte. Der Beritt dient nicht dazu, damit das Pferd bestimmte Lektionen lernt, sondern damit es insgesamt besser und feiner wird. Und das ist bei meinem Pferd gelungen. (Dass ich auch schon mal stolz war, wenn meine RL das Pferd zum Tanzen brachte...nun ja, das ist menschlich. Irgendwann hat man es als Araberreiterin satt, immer abfällig zu hören, dass diese Pferde nichts taugen und es mit Totilas nicht aufnehmen können. Da ist es dann schon auch mal nett, wenn das Pferd mal glänzt - auch wenn man es selbst nicht ist und es die anderen "netten" Lästerschwestern im Stall natürlich niiiie zugeben würden.
Das geht nicht gegen Dich, aber ich frage mich grundsätzlich, was es einem Anfänger bringt - außer der Erkenntnis, dass das Pferd es kann - wenn die RL das rausreitet. Davon hat der lernende Reiter erstmal gar nichts.
Aber ein Anfänger gehört grundsätzlich nicht auf ein "beginnendes" Pferd. Wer soll wem dann was beibringen? ein Anfänger gehört auf ein ausgebildetes Pferd - also ein berittenes Pferd.
Und ehrlich gesagt, bevor ich irgendwie herummurkse, lass ich es lieber bereiten. Ich habe nicht den Ehrgeiz, mir alles selbst zu erreiten. Die Gefahr, dass ich auf dem Weg dahin, ziemlich viel Murks mache, ist mir zu groß.
Meine Vorstellung ist, dass ein Bereiter zunächst mal (und natürlich immer wieder) die Grundlagen festig, und dann aber auch Schritt für Schritt in der Ausbildung weiter macht. Wenn dann irgendwann auch schwierige Lektionen drinliegen unter dem Bereiter - warum nicht? Solange die Schritt für Schritt systematisch erarbeitet wurden, immer unter der Berücksichtigung der Ausbildungsskala, dann sehe ich es nicht als Problem an, wenn das Pferd auch Dinge lernt, die die Reiterin nicht so bald nachreiten kann. Diese Lektionen sind ja kein Selbstzweck, sondern dienen auch der Verfeinerung der Basis, der Gymnastizierung des Pferdes, und helfen somit auch dem Ganzen
Genau das. Wie gesagt, ich habe mein Pferd zwei Jahre lang bereiten lassen. Es war schon nach ca 3 Monaten so weit, dass ich es mit ihrer Hilfe alleine hätte weiterfördern können...aber wenn man einmal angefangen hat und sieht, wie gut das Pferd geht, hört man auch nicht mehr so schnell auf. Dann denkt man...das..und dass und das könnte das Pferd auch noch lernen. Und wenn es das gelernt hat, hört man nicht auf, weil man dann schon wieder denkt...ach, das auch noch... (und sei es nur, um vielleicht mit den Fähigkeiten des Pferdes angeben zu können... :oops: ) Das Pferd würde vermutlich jetzt noch beritten werden, wenn nicht einige Dinge (unter anderem eine period. Augenentzündung, die operiert wurde, und andere Sachen) dazwischengekommen wären.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Das mit dem Nachreiten meine ich so, dass der RL sich den Fähigkeiten seines Schülers anpasst. Es nützt dem Schüler doch nichts, wenn der RL z.B. ein sensibles Pferd irrefein auf feinste Gewichtshilfen etc. einstellt und der Schüler nicht mal den hauch einer Chance hat, mit seinem unstabilen Sitz und der fehlenden Koordination dies nachreiten zu können. Da muss das Pferd auf eine etwas "simplere" Art geritten werden. Auch wenn es theoretisch möglich wäre, das Pferd feiner und differenzierter auszubilden. Oder zb. Pferde, die sich schwer lösen und steif sind, nur über komplizierte Lektionen lösen, die der Schüler auch nicht nachreiten kann. Auch hier müssen simplere Wege gefunden werden. Oder eine sehr ängstliche Schülerin kann ihr Pferd nicht forsch vorwärtsreiten, auch wenn dies "klassisch korrekt und reell" wäre. Aber wenn sie sich dabei so sehr in die Hosen macht und sich am Zügel festhält und das Pferd ständig bremst, ist doch beiden nicht geholfen. Hier muss man als RL die Kompromisse finden, wo das Pferd einigermassen vernünftig geht und der Schüler überhaupt eine Chance hat, dies auch umzusetzen. Klar, dies betrifft v.a. eher schwächere Reiter. Aber auch bei den etwas fortgeschritteneren Reiter kann es Probleme geben, wenn sie Lektionen nachreiten, die sie eigentlich noch nicht korrekt durchschaut haben und beim alleine üben da mehr falsch als richtig machen. Das ist halt im richtigen Leben alles nicht so einfach gerade heraus, wie es im Büchlein steht. Schlussendlich sollte immer das Ziel stehen, dass der Besitzer seinen Möglichkeiten entsprechend mit seinem eigenen Pferd zurecht kommt. Was nützt es ihm, wenn der RL schon fast S-Prüfungen (ja ich übertreib jetzt ;) ) mit dem Pferd reiten könnte und der Schüler das Pferd nicht mehr bedienen und nicht mal richtig angaloppieren kann? Das kann manchen RL halt sehr schwer fallen, ihren eigenen Ehrgeiz zugunsten des Besitzers zurückzustecken, besonders wenn das Pferd eigentlich "gut" wäre. Aber that's life ;)
Liebe Grüesslis, Jen
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Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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Firli
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Beitrag von Firli »

Danke für die Ausführungen, Jen!

Im Prinzip gebe ich Dir recht. Das ist wohl ein Thema, welches sich so abstrakt nicht abhandeln lässt, sondern sehr von der Pferd-RL-Pferdebesi Kombination abhängt.

Das Problem besteht in dem Sinne ja immer, wenn ich ein gut gerittenes Pferd reite. Je nach Charakter des Pferdes nervt es sich dann ab der anderen/weniger feinen Reitweise, oder es denkt sich "ok, wieder die, schauen wir mal".
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