"Leichtrittigkeit" - angeboren? erlernbar?

Rund um die klassische Reitkunst

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summer
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"Leichtrittigkeit" - angeboren? erlernbar?

Beitrag von summer »

Hallo!

Heute hab ich mich wiedermal im Training wahnsinnig geplagt.
Büffelig ist fast ein Hilfsausdruck für meinen Kleinen Burschen (Hafinette, 5 Jahre alt, wird von mir mit Trainerhilfe ausgebildet).
Er schenkt mir nichts - was ja an und für sich ok ist, aber es ist manchmal so wahnsinnig frustrierend, wenn man doch jedesmal wieder darum kämpfen muss, dass der Schenkel angenommen wird und das man wirklich vorwärts meint, wenn man treibt :pferd2:
es ist ja nicht so, dass ers nicht könnte, oder nicht wüsste was ich meine oder unmotiviert wäre - aber ich muss wirklich min. 30 Minuten lang ackern, damit "das Werkl zu laufen beginnt". Dann wirds plötzlich leicht und es reichen minimalste Hilfen.
Dazu muss ich noch sagen - im Maul ist er meistens wirklich leicht, es fehlt aber der "Zug nach vorne", er ist einfach nicht "vor dem Schenkel" - es ist wahnsinnig schwer den Grad zwischen "über dem Tempo" (dorthin täte er sich schon gerne entziehen, also Rennen ist durchaus eine Option, die er auch ganz gerne mal ausprobiert, wenn er sich entziehen will :roll: ) und "unter dem Tempo" zu halten bzw. mal dorthin zu kommen - WENN ich ihn mal dort habe, ist das Gefühl echt gigantisch.

Nun meine Fragen:

Ist es normal, das man wirklich jedesmal um Leichtigkeit kämpfen muss (bis ich ihn mal vorm Schenkel hab bin ich oftmals Schweißgebadet :verletzt: )? Dass er immer einer sein wird, der eher faul ist, ist mir schon klar - aber leichter sollts schon werden, oder?

Ist es angeboren, wie leichtrittig ein Pferd ist? (Ich will mich ehrlich gesagt nicht damit zufrieden geben, dass mein Pferd "nunmal ein Haflinger ist, und die sind nunmal büffelig") - das muss doch - wenigstens bis zu einem guten Maß erlernbar sein.

Wie erarbeitet ihr die Leichtigkeit/Leichtrittigkeit? Vor allem bei Pferden die nur sehr schwer ehrlich vor den Schenkel zu bekommen sind?
Sei deines Pferdes Gang unter dir wie die Bahn eines Sterns.
In deiner fühlenden Hand,deinem schwingenden Leib,deinem schwebenden Herzen liegt Kurve&pfeilgerader Weg,liegt Anfang&Ende,liegt die unermessliche Poesie der Bewegung,liegt die lebendige Kraft.
Phanja

Beitrag von Phanja »

Also ich halte es jedenfalls nicht für normal, dass du schweißgebadet bist, bis sich Leichtigkeit einstellt :wink:
Ich kann dein Problem aber ein wenig nachvollziehen. Mein Herr Tinker ist auch nicht grade das Modell, das von Beginn an schwungvoll lostrabt :roll:
Wenn ich das gleich am Anfang einfordern will, wirds meistens frustig. Für ihn und für mich.
Geholfen haben bei uns mehrere Dinge. Ich hab einerseits konsequent Schenkelgehorsam geübt - anfangs sogar am langen Zügel. Einmal Waden ans Pferd - kommt kein Trab, kam sofort die Gerte. Kam Trab - gabs sofort Lob und Leckerli. Für viel Reaktion (also viel Engagement seitens Pferd) gabs auch immer Lob. Die Trabstrecken sollte er traben, ohne dass ich nochmal aktiv treiben muss. Hat er von sich aus durchpariert -> Gerte. Kam Reaktion, gabs Lob.
Ansonsten bin ich persönlich dazu übergegangen, am Anfang relativ lange im Stehen und im Schritt zu lösen. Ich biege in den ersten 10 Minuten schon im Schritt und reite oft vor dem ersten Antraben auch erstmal Schultervor/Schulterherein (je nach Tagesform) und auch Kruppeherein. Anschließend wird erst getrabt.
Mittlerweile ist er ein wirklich feines Pferd am Schenkel geworden. Ich muss weder 3 mal nach Antraben fragen, noch den Trab aktiv aufrecht erhalten. Lass ich die Zügel im Trab lang, legt er zu und streckt sich - da ist er anfangs zuverlässig durchpariert und auseinandergefallen. Ich finde es bei solchen Pferde sehr hilfreich, im Trab die Zügel immer mal vor oder ganz wegzugeben, um die Arbeit zu überprüfen.
Gast

Beitrag von Gast »

Wenn ein Pferd nicht den Willen nach "vorwärts" hat ist es in vielen Fällen ein physisches Problem. Pferde sind auf Grund ihrer Natur lauffreudig, wenn nicht hat man es ihnen entweder gründlich weggeritten (psychisch) oder es liegt ein medzinisches Problem vor (physisch).

Ich würde also mal in diese Richtung suchen.
Gast2

Beitrag von Gast2 »

*kicher*
ich seh schon, Gast,
allzuviele "Gewerkschaftspferde" bist Du noch nicht gerittten.
Nur weil ein Pferd von sich aus gerne läuft, heißt das noch lange nicht, dass es das auch tut, nur weil jemand im Sattel.
Manche Pferde möchten gerne wissen, ob es sich auch lohnt, sich anzustrengen.
heike61
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Beitrag von heike61 »

die sogenannte rittigkeit kann durch züchten positiv beeinflusst werden -- daher angeboren.


gruß
heike
Wenn du weitergehst, ändert sich deine Perspektive!
Gast

Beitrag von Gast »

baura hat geschrieben:*kicher*
ich seh schon, Gast,
allzuviele "Gewerkschaftspferde" bist Du noch nicht gerittten.
Nur weil ein Pferd von sich aus gerne läuft, heißt das noch lange nicht, dass es das auch tut, nur weil jemand im Sattel.
Manche Pferde möchten gerne wissen, ob es sich auch lohnt, sich anzustrengen.
Ich habe auch schon einige "Gewerkschafter" geritten. Es zeigte sich aber auch bei denen, dass hier psychische oder pysische Probleme vorlagen, die die Lauffreude gebremst haben.
Motte
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Beitrag von Motte »

Zusätzlich würde ich noch das Thema "Motivation" in den Raum stellen.

Um das "go" spielerisch zu installieren, würde ich viel mit dem Hafi ins Gelände gehen. Erfahrungsgemäss sind die Pferde draussen mit deutlich mehr "vorwärts" ausgestattet.
sab
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Beitrag von sab »

Hi,

also, ich glaube shcon, dass soetwas wie Rittigkeit zu einem Teil sicherlich auch angeboren ist. Ich hatte vorher eine Lipi-Stute, die sehr,sehr gut gehen konnte, abe rman war dabei auch immer schweissgebadet. Die Stute hat einem nichts geschenkt, man musste reiten und arbeiten. Das resultat war oft sehr schön aber es war auch sehr,sehr anstrengend. Das Reitpony, dass ich jetzt habe, ist ganz anders; der ist immer willig und sehr kooperativ. Und das reiten macht auch erheblich mehr Spass !


LG

Sabine
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Manchmal liegt es aber auch schlicht und ergreifend an der Technik und dem Sitz des Reiters. Das ist eine allgemeine Bemerkung und muss auf Dich nicht zutreffen.

Dein Pferd ist 5, also noch voll im Wachstum. Vielleicht hat es schlicht und ergreifend damit so viel zu tun, dass es nicht anders kann. Manchen fällt auch die Koordination sehr schwer, vor allem, wenn der Körper sich noch ständig verändert.

Ein weiterer Punkt kann auch einfach sein, dass Dein Pferd Dich austestet. Typisch für einen Youngster.

Und ja, Rittigkeit ist angeboren, denn sie basiert auf dem Körperbau, der Bewegungsmechanik und dem Charakter und der Sensibilität des Pferdes. Niemand wird von einem Kaltblut die gleiche Sensibilität und Reaktionsschnelligkeit wie von einem Vollblut erwarten.
Viele Grüße
Sabine
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emproada
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Beitrag von emproada »

Wer schon einmal ein Energiesparmodell geritten hat, weiß das nicht alle Pferde automatisch lauffreudig sind. :wink:
Mein Haflinger ist kerngesund, wird regelmäßig vom Osteo durchgecheckt und auch kein psychisches Problem. Dennoch warte ich seit 15 Jahren darauf, dass er sich freiwillig flott vorwärts bewegt. Wenn es nach ihm gehen würde, wäre das bevorzugte Tempo ein langsamer Jog der extrem energiesparend ist.
Viele Grüße Tina
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Catja&Olliver
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Beitrag von Catja&Olliver »

Ich hab ein altes Arthrosepferd, bei dem die Voraussetzungen für Lauffreudigkeit nun wirklich schlecht stehen. Trotzdem darf ich mich oft wundern wie leicht der am Schenkel ist, wenn ich mich Mal auf ein jüngeres und gesundes Pferd setze, das aber viel träger ist.

Früher ging es mir wie Summer: ich war immer völlig fertig bevor das Pferd, nach 40-50 Minuten, endlich lief. Gelöst hat sich das Problem durch:

- Schenkelgehorsam üben
- lange Schrittarbeit am Anfang, ich trabe erst an, wenn das Pferd von sich aus ungeduldig wird
- Pausen im Stand! er darf nie mit mir im Sattel rumschlendern, entweder es wird gearbeitet, oder er muss stillstehen
- am Anfang habe ich eine Zeit lang die Schenkel wirklich nur dazu benutzt das (einmalige!) Signal zum Vorwärts zu geben. Ich habe nicht nur jedes Nachtreiben vermieden, sondern auch Wendungen z.B. ganz ohne Schenkeleinsatz geritten.
Paula

Beitrag von Paula »

hm, prinzipiell ist eine Leichtrittigkeit angeboren zum Beispiel, Freude am frischen Vorwärts, es dem Reiter recht machen wollen oder ein leichtes Genick, die ein nachgeben im Genick anbieten.
Ja es gibt riesige Unterschiede, vom Typ.Aber jedes Pferd bringt trotzdem eine Schwierigkeit mit,also die Kehrseite der guten Eigenschaft:
-leichtes Genick ,schnell falscher Knick oder gar ein Verkriechen hinter dem Zügel
-Vorwärtsdrang: gerne zu eilig , oder hektisch.
Ehr "faule "Pferde, schwerfällige Typen, sind oft gelassen und vertragen viel Fehler des Reiters...reagieren eben nicht allergisch.
Das ein Pferd wirklich faul ist und damit auch schwunglos( man muss städnig treiben dass es nicht abstirbt) habe ich ohne einen" Befund" noch nie erlebt, über 30 Jahre Reitpraxis ,auf über 180 Pferden.
Manche Pferde passen nicht zum Reiter, ein ehr temperamentvoller Reiter bekommt auf einem gemächlichen Pferd die Krise und neigt dazu das Pferd im überhöhten Tempo zu reiten, das führt zu einem Teufelskreis.Das Pferd wird aus einem natürlichen Gang rausgebracht und muss nun ein Tempo gehen , dass ihm nicht angeboren ist, das führt zu vielen Problemen.
Dann gibt es Pferde, die sind wirklich faul weil sie falsch angeritten wurden, sie haben nie gelernt auf Reiterhilfen zuverlässig vorwärts zu gehen, im Gelände tun sie es aber gerne da macht das Sinn fürs Pferd da bekommt es Input durch die Umgebung, in der Halle ist es gefurstet und versteht nicht was das ewige am gleichen Ort sein eigentlich soll.
Hier muss wieder eine Grundausbildung stattfinden und zwar an der Longe wie beim Jungpferd.
Dann gibt es Pferde die haben Arhtrose , denen macht das Vorwärtsgehen Schwierigkeiten die können nicht mehr so,außer man macht ihnen Streß dann bekommen die einen Schub Adrenalin und sie laufen um ihr Leben.Oder man bekommt sie so wieder aktiver, wie es oben auch beschrieben wurde, dass man ihnen Zeit läßt sich einzulaufen und sie täglich bewegt, denn rasten ist für diese Pferde rosten...
Pferde die Schmerzen haben laufen entweder dem Schmerz davon oder verhalten sich, das ist meiner Meinung nach Typsache oder auch krankeheitsbedingt-
Ein köperlich gesundes, gut ausgebildetes Pferd ist nicht faul, da muss nicht jeder Schritt herausgetrieben werden.
Manche Pferde machen erst brav mit und dann wenn sie nicht mehr können.Kopf (Konzentration) oder Körper erschöpft werden sie faul und wehrig,es ist immer ein SOS des Pferdes, das ist meine Erfahrung!
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Alkasar
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Beitrag von Alkasar »

Klar gibt es riesige Typunterschiede aber eine gewisse Grundrittigkeit kann man den meisten Pferden doch anerziehen. Den Gehorsam auf den Schenkel z.B. kann jedes Pferd lernen wenn man sorgfältig vorgeht. Schweißtreibendes Dauertreiben bringt einen da wohl eher nicht weiter. ich würde zunächst, ohne Rücksicht auf Haltung oder Anlehnung den Schenkelgehorsam etablieren. Bein, bei nicht befolgen Gerte, wenn nötig bis zu einem kleinen Feuerwerk. Dann wieder vorsichtig anfragen, steigern bis zur Reaktion etc. Nach meiner Erfahrugn funktioniert das fast immer, vorausgesetzt der Reiter stört nicht und das Pferd ist gesund.
Ich habe eine Hafi und ein Kaltblut geritten, beide eher der schwere Typ, beide sehr sensibel auf die Hilfen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr rittig.
„Wer nur zu seiner Freude reitet, aus Freude am Leben, aus Freude an Flur und Wald, aus Freude am Pferd, der ist ein König und ein Weiser.“ (aus: Vollendete Reitkunst, Udo Bürger, 1959)
Phanja

Beitrag von Phanja »

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emproada
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Beitrag von emproada »

@Alkasar: da hast Du natürlich Recht. Dennoch wird ein faulerer Kandidat immer viel mehr den Schenkelgehorsam hinterfragen und man muss teilweise schon sehr deutlich werden.
Einfach nur pauschal zu urteilen, dass so ein Pferd krank ist halte ich für den zu einfachen Weg und wird den wenigsten Besitzern gerecht.
Viele Grüße Tina
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