Wie bringe ich ein Pferd ins Gleichgewicht?

Rund um die klassische Reitkunst

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Tess
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Beitrag von Tess »

baura hat geschrieben:ja,
find ich auch immer wieder erstaunlich, wie hier die Sitzkorrektur gepriesen wird, wo doch sowas im konventiollen Unterricht landauf-landab so gut wie gar nicht stattfindet.
Aber scheint das gleiche Prinzip zu gelten, wie man auch den Pferden gerne im konventionellen Unterricht angedeihen lässt:
soviel Kilometer wie möglich abreißen, irgendwann klappt es dann doch mal von alleine.

Und wenn nicht, kommt nach genau 10 Jahren Reitunterricht der DHL vorbei, und liefert Sitz (und die perfekte Hand dazu!) als Postpaket an.
Das versteh ich jetzt nicht.
Wieso sollte man die Sitzkorrektur nicht preisen? Nur weil man das Gefuehl hat, dass sie meistens im Unterricht zu kurz kommt?

Und was verstehst du unter konventionellem Unterricht?
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Ihr Lieben, bisweilen bin ich ja hartnäckig :D
Ich hatte nicht umsonst explizit gefragt, wie das mit der vorrangigen Handschulung bei einer Reiterin aussieht, wie Morimur sie beschrieben hat. Hier noch mal der Auszug:
morimur hat geschrieben:Reiterin klein, sehr barock, ohne Rhythmusgefühl, keinerlei Ahnung von nix, Angst irgendwas falsch zu machen (berechtigterweise), Sitz eine Katastrophe, Hände dasselbe, nicht passender Westernsattel und zu scharfes Gebiß. Insgesamt echt klasse :kopfkratz:
Irgendwie habe ich es immer noch nicht kapiert, wie hier das Konzept der vom Sitz unabhängigen (oder besser vorrangigen) Handschulung funktionieren soll… :kopfkratz:
Gast2

Beitrag von Gast2 »

sorry, war ungeschickt formuliert.
Ich wollte damit sagen, dass man Sitzkorrektur als sehr wichtig beschreibt, dieser aber kaum, eher sogar gar nicht stattfindet innerhalb einer "normalen" Reitstunde.

edit: ist aber eigentlich off topic, müssen wir nicht mehr drüber reden.
Lilith79
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Beitrag von Lilith79 »

Cubano hat geschrieben:Ihr Lieben, bisweilen bin ich ja hartnäckig :D
Ich hatte nicht umsonst explizit gefragt, wie das mit der vorrangigen Handschulung bei einer Reiterin aussieht, wie Morimur sie beschrieben hat. Hier noch mal der Auszug:
morimur hat geschrieben:Reiterin klein, sehr barock, ohne Rhythmusgefühl, keinerlei Ahnung von nix, Angst irgendwas falsch zu machen (berechtigterweise), Sitz eine Katastrophe, Hände dasselbe, nicht passender Westernsattel und zu scharfes Gebiß. Insgesamt echt klasse :kopfkratz:
Irgendwie habe ich es immer noch nicht kapiert, wie hier das Konzept der vom Sitz unabhängigen (oder besser vorrangigen) Handschulung funktionieren soll… :kopfkratz:
Also ich hab jetzt keine Ahnung was die von Dir angesprochenen für Handschulung machen, aber was ich zum Beispiel aus eigener Erfahrung (als Reitschüler) für nützliche Übungen speziell für die Handschulung kenne, sind so Mensch-Mensch Übungen bei denen ein Teilnehmer Pferd spielt (die Gebißringe in die Hand nimmt) und der andere Mensch (die Zügel normal in der Hand hat).

Da kann man zumindest ein paar Handfehler ganz gut simulieren, nämlich zumindest den Fehler "Ziehen mit Gegenziehen zu beantworten" , den richtigen Moment zum Nachgeben zu erspüren und verstehen warum schlackernde Zügel unangenehm fürs Pferd sind.

Die Übungen finde ich definitiv alle sehr hilfreich. Und parallel arbeitet man selbstverständlich auch am Rest des Sitzes.

Ich denke solche Übungen wären auch für einen wie oben beschriebenen Reiter durchaus auch hilfreich, 1. um eine Vorstellung davon zu bekommen, worauf es ankommt und 2. um ihm zu vermitteln wie falsche Zügelhilfen beim Pferd ankommen und welche negativen Auswirkungen das hat. Und das alles ohne ein Pferd zu belästigen :wink:
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

sehr richtig Lilith 79, so ist es !
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Isomer
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Beitrag von Isomer »

@Cubano

Ich denke hier wurde einfach über die Hand eine Formgebung erreicht (wahrscheinlich auch über langsames laufen) um die Reiterin zum "sitzen" zu bringen und so Stück für Stück an den Baustellen zu arbeiten da die Kombination aus Reiter/Pferd den normalen Weg nicht zugelassen haben.

Manchmal muss man auch bewusst in "sch***" treten! Man muss halt nur wissen wohin man will.

PS: Man kann das Wort S C H E I ß E nicht schreiben bzw. es wird automatsich editiert :lol: Sachen gibts...... :roll:
„Was es alles gibt, das ich nicht brauche!“ [Aristoteles]
morimur
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Beitrag von morimur »

Ich habe es ihr vermittelt, indem ich sehr genau erklärt und gezeigt habe, was sie tun soll. Und dann hat sie das unter meiner Aufsicht geübt, immer wieder, denn nur durch Übung erlangt man Fertigkeiten. Und sie immer wieder dazu ermuntert, in das Pferd hineinzufühlen, fühlen, horchen, was mit dem Pferd passiert. Das hat ganz gut funktioniert. Dazu haben wir uns 1-2mal die Woche getroffen, denn ich habe ihr zu Anfang erklärt, daß ich sie nur unter der Voraussetzung schule, daß ich sie regelmäßig in sehr kurzen Abständen sehe und kontrollieren kann, was passiert. Ohne diese sehr engmaschige Kontrolle meinerseits wäre das für mich nicht zu verantworten gewesen. So konnte ich die Enwicklung genau beobachten und in die richtige Richtung lenken. Immer dann, wenn die Hand einen Fortschritt gemacht hatte, habe ich etwas ihren Sitz korrigiert, immer soviel, wie sie gerade von ihrem Lernvermögen mitmachen konnte. Sich auf 2 Sachen gleichzeitig zu konzentrieren, kann abartig schwer sein und eigentlich sind es ja beim Reiten sehr viel mehr. Und so sind wir Schrittchen für Schrittchen weitergekommen.
Ich werde hier jetzt nicht beschreiben, welche Aktionen man ganz genau mit der Hand macht. Ich will nicht, daß irgendjemand im Tierversuch irgendetwas am Pferd ausprobiert. Um diese Handgeschichten auszuprobieren, muß man sie sehr detailliert erklärt und gezeigt bekommen und unter Kontrolle üben. Sonst passiert genau das, was immer passiert und diese "Handarbeit" so sehr in Verruf bringt. Ich unterrichte diese Geschichten ausschließlich unter der Prämisse, daß eine wöchentliche Kontrolle durch mich stattfindet, ansonsten lehre ich diese Sachen nicht.
esge: deine Beschreibung ist schlicht wunderbar!
Bernie
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Beitrag von Bernie »

Leider wurde ich überlesen ;), ich würde mich wirklich über ein anschauliches Video freuen, damit man das besser nachvollziehen kann.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Hattest du mich gemeint Bernie ? Ich hatte es nicht auf mich bezogen, weil ich nicht von einem Pferd sprach.Was für ein Pferd meinst du ? Was für ein Video ? Ich habe kein Video, ich beschreibe, wie man die Anregungen von Hern Karl sinnvoll nutzen kann und wie sie das Denken anregen können. Möchtest du ein Video von mir, wie ich im Sessel sitze und Lese und denke ? :wink: Oder hattest du jemanden anders gemeint ?
Bernie
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Beitrag von Bernie »

Nun, ich hatte mich schon auf Dich bezogen. Auch wenn man das gut überlesen kann. Ich verfolge die Beiträge interessiert, Du und Morimur habt ja schon viel Erfahrung im Unterricht, deshalb würde mich ein praktisches Beispiel interessieren. Denn Du wirst ja nicht nur im Sessel sitzen und nachdenken. :wink: Ganz egal, welches Pferd, welcher Ausbildungsstand, aber eben diese Methode angewandt. Dann versteht man sicher das Geschriebene viel besser. :wink:
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glovedrider
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Beitrag von glovedrider »

esge schrieb:"Nehmen wir doch mal an, wir reiten vor allem Dressur, weil es Spaß macht, ein durchlässiges, evt gar tanzendes Pferd zu haben. Das für uns und mit uns tanzende Pferd, vielleicht ist das die stärkste Triebfeder, sich Jahre um Jahre mit den Feinheiten der Dressur abzuplagen. Bei mir ist es das und ich stehe dazu, dass ich vor allem und in erster Linie Dressur reite, weil ich das einfach schön finde. "

Esge, ich finde das sehr ehrlich. Habe auch nichts dagegen einzuwenden.
Mich stört bei vielen Reitern der Grundgedanke, daß das Pferd gymnastiziert
etc. werden muß. Das führt schnell zu einer Art Zwangsgymanstizierung,die keinem Beteiligtem wirklich Spaß macht.
Carmen
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Beitrag von Carmen »

Ich glaube, ein ganz großes Problem beim Reiten ist, dass man ganz viel aus dem Gefühl heraus tut, was einem gar nicht bewusst ist und es so später auch nicht wiedergeben kann.

Ich glaube nicht, dass man ein junges Pferd ohne Handeinwirkung ins Gleichgewicht bringen kann. Handeinwirkungen sind bei mir Zügelhilfen, und Zügelhilfen heißt nicht, dass am Zügel gezupft und gezogen wird. Auch eine Seitwärtsbewegung der Hand ist eine Zügelhilfe, ein Anlegen des Zügels an den Hals. Eine höher oder tiefer getragene Hand. Eine öffenende Zügelhilfe.

Rein über den Sitz bekomme ich kein junges (rohes) Pferd in eine gescheite Biegung. Ich kann es wenden, ja, aber biegen...? Reite ich einen Zirkel, muss ich immer wieder korrigieren, um die Linie einzuhalten. Ja, ich korrigiere vornehmlich über den Sitz, aber da möchte ich einen Ticken mehr Stellung, dort möchte ich die innere Schulter anheben. Manchmal ist die Zügelhilfe das Zünglein an der Waage.

Wenn man hier einige Kommentare liest, dann sind Zügelhilfen ein absolutes Tabu. Keiner benutzt sie, keiner braucht sie. Man schämt sich fast, überhaupt Zügel zu benutzen. Wir tun alle wesentlich mehr, als uns bewusst ist - im positiven wie im negativen Sinn.

Und ich rede natürlich nicht von einem lausigen Reiter, der keine Sitzhilfen geben kann. Selbstredend hat der Sitz immer Vorrang. Selbstverständlich kann man ein gut ausgebildetes Pferd allein aus dem Sitz heraus reiten. Aber doch kein rohes Jungpferd.

In einem anderen Thread ist es für viele völlig okay, ein Jungpferd stark per Hand "beizuzäumen", und hier ist es plötzlich verwerflich, Zügelhilfen zu geben? :roll: Wozu gibt es z.B. halbe Paraden am äußeren Zügel?
"Es gibt schon viel zu viele Pferde, die Gefangene sind. Wenn wir unser Pferd lieben, müssen wir [...] ihm so viel wie möglich von seiner Freiheit zurückgeben." Sylvia Loch
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glovedrider
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Beitrag von glovedrider »

Carmen: Die Pferde müssen erst lernen sich selbst zu tragen, bevor man an Beizäumung denken darf.
Carmen
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Beitrag von Carmen »

Wo habe ich denn von Beizäumung gesprochen? Meinst du das mit dem Jungpferd aus dem anderen Thread? Ich fand das inklusive der dazugehörigen Fotos ganz schrecklich und käme nie auf die Idee, das einem Pferd anzutun, aber einige hier, die die Einwirkung mit der Hand verteufeln, fanden das gut oder normal. Das finde ich erstaunlich.

Ich bin da völlig deiner Meinung.
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sinsa
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Beitrag von sinsa »

@baura und alle anderen, die sich wundern, was ich so alles über den Sitz geschrieben habe: Zum einen haben mir bisher alle meine RL immer mal wieder eine Sitzstunde verpaßt und zum anderen habe ich auch immer wieder selber drum gebeten. An Sitzstunden zu kommen war bisher auch noch nie ein Problem für mich. Weder auf einem Ponyhof mit Schulbetrieb und Unterricht, noch bei Reitlehrern mit und ohne Trainerschein. Der Grund ist, dass es mir schon immer egal war, wie das aussieht, was ich da mache und das ich für mich festgestellt habe, wie sehr soetwas nicht nur mir sondern vorallem dem Pferd geholfen hat weiter zu kommen. Das, wovon ich auf Seite 2 berichtet habe, passierte bei einer der ersten Stunden im Centered Riding/Feldenkrais, was ich mittlerweile seit einem Jahr mache und worüber ich extrem glücklich bin. CR war für mich schon seit dem Moment interessant, als ich vor Jahren Sally Swift in die Hände bekommen habe und es war wohl vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis ich da auch wirklich lande. Ich habe dabei zwei Dinge festgestelt: Zum einen ist der Sitz und die dadurch mögliche Einwirkung noch viel wichtiger, als ich es mir je träumen lassen habe und es ist zumindest für mich der ehrlichste Schlüssel zum feinen reiten mit dem Pferd. Zum zweiten widerspricht sich nichts davon mit dem, was einem die Skala der Ausbildung vorgibt und auch nicht mit dem, was man in den Richtlinien findet. Das meine ich mal völlig wertfrei. Ich habe einfach nur immer mal wieder da nachgesehen, weil es so schön einfach und handlich ist und ich sehen und vorallem begreifen wollte, was mir meine RLs da eigentlich beibringen und warum sie mich was machen lassen. All das widerspricht sich im übrigen auch nur mit sehr wenig anderen Dingen, die man allgemein über das Reiten finden/lesen kann.
Es widerspricht sich aber sehr deutlich damit, ein Pferd über die Hand formen zu wollen!

Meine Momente beim Reite sind die Momente, in denen ich meinen Körper in Einklang mit dem des Pferdes gebracht habe. Erst dann werde ich zu einem Teil von meinem Pferd und kann dennoch gleichzeitig seine Kraft und seine Bewegungen genießen und sie in meine Bahnen lenken. Umgekehrt funktioniert reiten für mich irgendwie nicht. Ich schaffe es nicht den Pferdekörper meinem Körper anzupassen. Wann immer ich das versuche, gibt es vielleicht einen kurzen Moment der sich ganz nett anfühlt, aber er ist immer schnell vorbei, weil mein Pferd in solchen Momenten einfach nicht Losgelassen bleiben kann. Für mich ist das logisch, denn mal ab von allen anderem: welchen Grund sollte man haben, sich auf den menschlichen Körper zu limitieren, wenn man stattdessen mit dem Pferd davon fliegen kann?

@Carmen welchen Sinn hat es, ein junges/rohes Pferd, das man nicht überwiegend über den Sitz um die Ecke bekommt die hohe Hand "anzubieten", damit es seine "Ballance nach hinten" verschiebt??
Zuletzt geändert von sinsa am Mi, 07. Apr 2010 21:35, insgesamt 1-mal geändert.
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