Unterschied Kandare Trense

Rund um die klassische Reitkunst

Moderatoren: Julia, ninischi, Janina

Benutzeravatar
chica
Admin
Beiträge: 5813
Registriert: Di, 19. Sep 2006 20:59
Wohnort:

Beitrag von chica »

@Carmen - auf einem Kurs war einmal eine Teilnehmerin, die vom Kursleiter gefragt wurde, woran sie vorrangig arbeiten möchte. Sie meinte ganz banal "Am Ausdruck!" Wenn ich irgendwann mal soweit bin, reite ich auch auf Kandare. :lol: Sie ritt übrigens zu Beginn mit Trense und erst die zweite Einheit auf Kandare und zeigte alles von Pi und Pa über fliegende Wechsel bis hin zu Pirouetten... :roll:

Dass hier mit der Kandare eine wesentliche feinere und präzisere Hilfengebung möglich ist, ist klar. Aber das macht doch erst Sinn, wenn Pferd und Reiter so fein abgestimmt sind, dass diese minimalistischen Hilfen auch ankommen.
LG Ines
................................................
"Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart."
(Noël Pierce Coward)
Bild
Benutzeravatar
Josatianma
Admin
Beiträge: 12317
Registriert: Di, 19. Sep 2006 20:50
Wohnort: Reichshof

Beitrag von Josatianma »

Mmmh, so beim weiteren Lesen ist mir aufgefallen, daß auch hier zwischen der klassischen Reitweise und der deutschen ein großer Unterschied besteht.

Auf Turnieren wird bis zur Klasse L auf Trense geritten. Ab L gibt es auch Prüfungen mit Kandare. Ab L wird auch erst das SH eingeführt. (bitte korrigieren, wenn ich falsch liege). Für die Klassiker ist die blanke Kandare das höchste Ausbildungsziel, wurde aber, wenn ich das richtig sehe schon wesentlich früher eingesetzt.

Wenn jedoch alle Lektionen erst auf Trense sitzen sollen, bevor die Pferde mit Kandare geritten werden, warum gibt es dann bei der FN/FEI kein System, daß in jeder Klasse Aufgaben auf Trense vorhanden sind und diese an Turnieren erst erfolgreich geritten sein müssen, bevor dieses Gespann auf Kandare starten darf. Hier wäre es für die FN zumindest möglich regulierend einzugreifen.

Anders sieht es da schon im klassischen Bereich aus. Wieviel Reiter packen ihrem Pferd die Kandare ins Maul ohne die korrekte Verschnallung zu kennen, bzw. setzen gleich blank ein, da ihr Reitlehrer ihnen vermittelt hat, daß sie so weit sind, auch wenn das nicht der Fall ist. Leider gibt es da keien Möglichkeit der Regulierung. Und genau hier entsteht auch die begründete Kritik an den klassischen Reitern und es kommt zu den bekannten unschönen Bildern.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
lalala

Beitrag von lalala »

Ab L wird auch erst das SH eingeführt. (bitte korrigieren, wenn ich falsch liege).
Falsch. Aber tut eigentlich nichts zur Sache, wann man das SH in einer Prüfung sehen möchte. Man trainiert ja nicht nur was in der Prüfung verlangt wird. :wink:
Wenn jedoch alle Lektionen erst auf Trense sitzen sollen, bevor die Pferde mit Kandare geritten werden, warum gibt es dann bei der FN/FEI kein System, daß in jeder Klasse Aufgaben auf Trense vorhanden sind und diese an Turnieren erst erfolgreich geritten sein müssen, bevor dieses Gespann auf Kandare starten darf. Hier wäre es für die FN zumindest möglich regulierend einzugreifen.
Das ist doch nicht machbar. Was ist denn dann mit den Pferden die spät in den Sport kommen und die Jungpferdeprüfungen (dazu gehören auch M und S auf Trense) nicht durchlaufen haben ? Bestätigt einem ein "erfolgreicher" Abschluss einer Trensenprüfung wirklich Kandarenreife ?

Kandarenprüfungen dürfen nur ab LK 4 aufwärts geritten werden - immerhin ein Schritt in die richtige Richtung (finde ich).
Benutzeravatar
Josatianma
Admin
Beiträge: 12317
Registriert: Di, 19. Sep 2006 20:50
Wohnort: Reichshof

Beitrag von Josatianma »

lalala hat geschrieben:Was ist denn dann mit den Pferden die spät in den Sport kommen und die Jungpferdeprüfungen
Ganz einfach: erst Vorstellung auf Trense in einer M oder S und dann auf Kandare. Ich habe ja nicht gesagt, daß von der Jungpferdeprüfung bis Inter alles durchlaufen werden muß.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
lalala

Beitrag von lalala »

Aber das sagt doch nix aus ? Wieso muss man sich in einer Klasse auf Trense beweisen, wenn man in einer anderen Klasse bereits auf Kandare starten darf ? Platzierungen auf Heckenfesten sind ja nun leicht zu erreichen und sagen mMn gar nichts aus.
Benutzeravatar
Josatianma
Admin
Beiträge: 12317
Registriert: Di, 19. Sep 2006 20:50
Wohnort: Reichshof

Beitrag von Josatianma »

Da die allgemeine Aussage ja ist, daß die Kandare erst dann zum Einsatz kommen soll, wenn die Lektionen auf Trense sitzen, würde dies zeigen, daß die Pferde auf Trense locker die geforderten Lektionen können. Und nicht über einen anstehenden Kandarenzügel gehalten werden.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
Yve9979

Beitrag von Yve9979 »

Ich finde den Ansatz, die Kandarenreife auf Prüfungen erst erwerben zu dürfen durch eine bestimmte, auf Trense gerittene Prüfung, gar nicht schlecht.
Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass sich manche Reiter mehr Gedanken über die Wirkungsweise von Stangen, etc. machen als andere. Ich war nie in einem normalen Ausbildungsstall und habe mir das meiste angelesen bzw. selbst ertestet soweit möglich - bin aber auch nur einfacher Freizeitreiter mit Dressur(lichen) Ambitionen. In einem normalen Ausbildungsstall denke ich macht man viele Sachen einfach nur, weil es so ist und weil andere es tun (wenn ich mir viele Bekannte Reiter so ansehe...)
Benutzeravatar
Susanne
User
Beiträge: 2201
Registriert: So, 24. Sep 2006 22:54
Wohnort: Augsburg
Kontaktdaten:

Beitrag von Susanne »

Ich fände es mal interessant, wenn die Reiter in den hohen Klassen z.B. ihre Kür einmal auf Trense und einmal auf Kandare reiten würden. Wäre sicher auch spannend, inwieweit und ob da unterschiede zu sehen wären. Und eigentlich sollte das bei einem Pferd-Reiter-Paar auf Grand-Prix-Niveau auch möglich sein? Oder sind die Pferde auf dieser Ebene so zwischen Genie und Wahnsinn, daß das Probleme geben könnte? Aber zumindest im heimischen Stall müßte es doch gehen.
Liebe Grüße
Susanne
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
"Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind."
Albert Camus
lalala

Beitrag von lalala »

Was ist denn ein "normaler Ausbildungsstall"?

Wenn ich mich in unserem Freizeitreiterstall so umschaue mit was für Gebissen und Hilfszügelkombinationen die Freizeitreiter und sog. Klassikreiter so herumhoppeln wird mir schlecht.

In den Profiställen habe ich da weit weniger schlimme Dinge gesehen.

@ Susanne: es gibt z.B. von Frau Werth Aufnahmen wo sie den Hannes nur mit Halfter und Strick in höchsten Lektionen (auf dem Aussenviereck) vorstellt. Man kann von ihr halten was man will, aber das war sicherlich nicht die schlechteste Präsentation.
Benutzeravatar
Susanne
User
Beiträge: 2201
Registriert: So, 24. Sep 2006 22:54
Wohnort: Augsburg
Kontaktdaten:

Beitrag von Susanne »

@ lalala: Gibts das irgendwo im Internet anzukucken?

Übrigens hab ich schon sowohl in Freizeitreiter- wie auch in Profikreisen Dinge gesehen, die jenseits von gut und böse sind. Der Vorteil des Freizeitreiters ist, daß er keine Deadlines hat, also nicht am Tag x irgendwo mit dem Tier starten muß usw. Und deshalb bin ich Freizeitreiter :wink: .

Nur stellt sich mir persönlich die Frage: Wenn es mit (vielleicht nicht allen) Pferden selbst in hohen Lektionen ohne Kandare geht, wozu dann mit Kandare? Oder weshalb "müssen" dann alle auf Kandare starten?
Liebe Grüße
Susanne
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
"Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind."
Albert Camus
Benutzeravatar
Josatianma
Admin
Beiträge: 12317
Registriert: Di, 19. Sep 2006 20:50
Wohnort: Reichshof

Beitrag von Josatianma »

Und weiterführend die Frage: warum gibt es Ausbilder (darunter auch einige große Reitmeister), die ihre Schüler zum Einsatz der Kandare ermutigen, obwohl diese noch nicht so weit sind?
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
lalala

Beitrag von lalala »

Josatianma hat geschrieben:Und weiterführend die Frage: warum gibt es Ausbilder (darunter auch einige große Reitmeister), die ihre Schüler zum Einsatz der Kandare ermutigen, obwohl diese noch nicht so weit sind?
Das müsste man diese Reitmeister wohl eher selber fragen :wink: Nur weil ein Balkenhol so ein Pferd korrigieren kann (von dem ist ja bekannt, dass er die Kandare auch schon mal so einsetzt) wird es bei Lieschen Müller nicht zum Erfolg führen.

Ich halte nichts von der "Kandare als Ausbildungsinstrument". Ist oftmals nur ein Mittel um schneller zum Ziel zu kommen und/oder Basisprobleme zu vertuschen.

@ susanne: meines Wissens lief der Beitrag mal im WDR...ist aber schon ein paar Jahre her
Benutzeravatar
Larry
User
Beiträge: 1485
Registriert: So, 24. Sep 2006 18:20
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Beitrag von Larry »

Dann versteh ich jetzt endlich, warum die Cowboys immer in den Sonnenuntergang reiten - die können zwar anhalten, aber nicht die Richtung wechseln!
Der ist gut! Deswegen kann ja Jolly Jumper auch mit Luke sprechen und fragt ihn einfach wo lang… smile…
Spaß beiseite.
Bitte entschuldigt meine etwas grobe und pauschalisierte Ausdrucksweise.
Ich dachte, die Kandare ist dazu da, wenn es beim reell ausgebildeten Pferd Richtung Aufrichtung geht?
Dabei meinte ich eher Kandare mit Unterlegtrense.
Rein theoretisch würde die Blanke erst bei einem gut ausgebildeten Pferd zum Einsatz kommen bzw. bei einem, wo ich NICHT mehr alles genau durch "direktere"blöd ausgedrückt ""übertriebende""(':engel:') Hilfe anzeigen muss, sondern das Pferd fast allein und stressfrei in gewünschte Position und Lektion freudig hineinfindet.
Sicherlich gibt es hierbei einzelne Unterschiede und verschieden definierte Ansprüche der verschiedenen Reitweisen, auf die ich aber nicht eingehen möchte, da dabei das Thema einfach endlos ausschweifen würde.
Eigentlich würde technisch gesehen der Einsatz einer Kandare mit Unterlegtrense sich doch allein schon auf Grund der Mechanik im Einsatz erklären.. aber- bis vielleicht auf den Hinweis diverser Zügelführungsmöglichkeiten würde mich interessieren, in wie weit auch bei der Bereiterausbildung auf die Wirkung und eingegangen wird. Was macht welcher Zügel, welche Form für welches Pferd usw…Und warum wird ein LTJ-Gebiss als Stange aber weniger gefährlich eingestuft, als die Kandare?
En wirklich interessantes Thema, wenn man bedenkt, dass auf einem Reitplatz ein Reiter mit auf Kandare gezäumten Pferd meist zu Beginn eine Professionellen Eindruck macht. Da schmiere ich als Hackamore-reiter leider ab. Selbst wenn mein Pferd vielleicht besser und sensibler auf gewicht reagiert.
An Sabine: Ja Thema Kandarenreife im Barocken, Klassischen und auf Turnierplätzen driftet ab und an recht stark auseinander.
Aber wieso wird generell vorausgesetzt- dass im Freizeitbereich Pferde auf Kandare mehr können und temperamentvoller sind, als welche die auf Trense oder mit gebissloser Zäumung geritten werden. Im Profibereich schent das ja etwas anders zu sein?
Zuletzt geändert von Larry am So, 21. Dez 2008 13:01, insgesamt 1-mal geändert.
Arbeit ist die einzige Entschuldigung für den Erfolg
Helmar Nahr (*1931)
Yve9979

Beitrag von Yve9979 »

lalala hat geschrieben:Was ist denn ein "normaler Ausbildungsstall"?
ok, normaler Ausbildungsstall ist eine schlechte Wortwahl. Aber leider fällt mir gerade kein anderer, besserer Begriff ein. Aber ich denke, ihr wisst, was ich darunter in diesem Fall meine.
Benutzeravatar
Larry
User
Beiträge: 1485
Registriert: So, 24. Sep 2006 18:20
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Beitrag von Larry »

und weiterführend die Frage: warum gibt es Ausbilder (darunter auch einige große Reitmeister), die ihre Schüler zum Einsatz der Kandare ermutigen, obwohl diese noch nicht so weit sind?
Sabine, ich glaube die gehen irgendwo mit recht von einer HOLSCHULD des Schülers aus..
das dabei keine Lehrpferde zur Verfügung stehen, der Schüler vielleicht nie die Reife erlangen kann und es an Zeit und Geld mangelt...
na ja den Schuh müssen sich alle gleich anziehen..
ich glaube es gibt drei Sorten von Ausbildern!
1) Bildet nur das Pferd aus- auch bis zur so genannten Kandarenreife und übergibt es "fertig" dem Reiter. Qualifikation des Reiters ist hier meist unerheblich.

2)Bildet den Reiter aus. Evtl. ist er auch bei seiner Leistung davon abhängig (wie weit er kommt) ob ein gutes Lehrpferd oder gutes Privatpferd mit entsprechender Ausbildung zur Verfügung steht.

3) Der- der beide "Baustellen bearbeitet. Pferd und Reiter.. dauert zwar, weil beides ineinander fließen kann, aber auch der eine mal den anderen kurzfristig "ausschließen" kann.
Letztere sind für mich die wahren Helden, weil oft die Kleinigkeiten bei ihnen später die Auswirkungen auf die großen Dinge sind. "Eben die, die man nicht gleich am Anfang sieht!"
Arbeit ist die einzige Entschuldigung für den Erfolg
Helmar Nahr (*1931)
Antworten